Mais wird nicht weniger werden: "Ein attraktives Gärsubstrat"
Der Mais bleibt heiß: Die Biogas-Branche rotiert. Das hat mit dem neuen Energieeinspeisegesetz zu tun wie auch mit dem norddeutschen Problem Vermaisung.
Zwischen Nordsee und Harz stehen über 1.000 Biogas-Anlagen, die Strom für rund 450.000 Haushalte liefern. Gut ein Drittel dieser Anlagen ist erst in den vergangenen zwei Jahren ans Netz gegangen - die Branche wächst rasch. Doch durch das am 1. Januar in Kraft getretene novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2012) sieht sich die Branche gebeutelt, wie auf der derzeit in Bremen stattfindenden Messe des Fachverbandes Biogas oft zu hören ist.
Das EEG 2012 sei "handwerklich schlecht gemacht", schimpft Verbands-Vize Hans Friedmann, da es nicht einmal den Anlage-Begriff sauber definiere. Das schaffe Rechtsunsicherheit. Zudem unterscheide die Novelle nicht mehr zwischen "sauberer grüner Energie" - gemeint ist die Nutzung nachwachsender Rohstoffe, insbesondere Mais - und der Abfallvergärung. "Jetzt darf man auch die antibiotisch verseuchten Hähnchen zu Biogas verarbeiten", sagt Friedmann.
Ebenso indigniert ist man beim Verband über den "Maisdeckel", den das EEG 2012 den Biogasern verpasst: Danach darf pro Anlage maximal ein Anteil von 50 Masseprozent Mais und Getreide eingesetzt werden. Verbandschef Pellmeyer fasst höflich zusammen: "Ich bedaure, dass die Bundesregierung auf ihrem Weg zur Energiewende das Multitalent Biogas nicht optimal einsetzt."
Um das Image von Biogas zu verbessern, hat der Verband erstmals einen Kalender herausgebracht. Dessen großformatige Fotomotive sind weitgehend maisfrei, verbreiten keinen Gärgeruch und bestechen durch ein thematisches Kontinuum: 12 Mal sind pittoreske Gärbehälter abgebildet, mal malerisch eingeschneit, mal hinter einer Kuh hervorlugend oder als Hintergrund auf einer herrlichen Blumenwiese zu sehen. "Wir müssen aus den schlechten Schlagzeilen raus", erläutert Verbands-Geschäftsführer Claudius da Costa Gomez die optische Offensive.
Beim Kieler Institut für Weltwirtschaft (IFW) setzt man weniger auf bildliche Suggestion als die Aussagekraft von Zahlen. In einem gerade veröffentlichten "Policy Brief" widmet sich das IFW dem Thema "Maiswüsten": Über ein Viertel der schleswig-holsteinischen Ackerfläche würden für Silomais verwendet, "normaler" Mais spiele kaum noch eine Rolle. Mehr als die Hälfte dieses Silomaises - der Ertrag von 90.000 Hektar Fläche - komme als "Energiemais" in die Biogasproduktion. Da aus Mais im Vergleich etwa zu Zuckerrüben oder Grassilage "am meisten elektrische Leistung je Flächeneinheit erzeugt werden kann", wie die Kieler Wirtschaftsforscher schreiben, wird Mais "ein attraktives Gärsubstrat" bleiben - der Anbau trotz "Maisdeckel" also zunehmen.
"Eine großflächige Ablösung von Mais ist nicht in Sicht", bestätigt Hendrik Becker vom Firmenbeirat des Biogas-Verbandes: Es ist die "vorzüglichste Pflanze".
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!