Mainstream beim Bücherkauf: Bibliothek der Bestseller
Die Zentral- und Landesbibliothek will vier von fünf Büchern künftig über einen Dienstleister erwerben. Das Ende der Vielfalt könnte am Montag beschlossen werden.
Noch ist die Berliner Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) mit ihren 3,4 Millionen ausleihbaren Medien ein Ort der kulturellen Vielfalt. Doch schon am Montag könnte es ihr gehen wie den Hamburger Öffentlichen Bücherhallen oder der Stadtbibliothek Bremen. Nach Informationen der taz soll der Stiftungsrat der ZLB bei seiner Sitzung am Nachmittag über ein Konzept entscheiden, das im Auftrag von Bibliotheksleiter Volker Heller erarbeitet wurde. Es sieht vor, dass vier von fünf Büchern – so wie in Hamburg und Bremen – künftig über den externen Dienstleister EKZ in Reutlingen erworben werden.
Das Konzept der beiden Professoren Konrad Umlauf (Berlin) und Cornelia Vonhof (Stuttgart), das der taz vorliegt, sieht die Aufteilung des Bucherwerbs der ZLB in ein so genanntes „Massengeschäft“ und in ein „Special Interest-Geschäft“ vor. „Es wird empfohlen, das Massengeschäft so zu organisieren, dass alle ca. 14.000 Titel ausleihfertig bezogen werden, ggf. teilweise in mehr als einem Exemplar“, heißt es dort.
Im Klartext: Von den 30.000 Buchtiteln, die die ZLB im Jahr bestellen kann, stammen 14.000 aus einem Fundus, den die Reutlinger EKZ als wichtig erachtet – und „regalfertig“ liefert. Weitere 10.000 Exemplare sollen dann so genannte Doppelexemplare dieses Fundus‘ sein. Die Bibliothek selbst würde nur noch 6.000 Bücher bestellen können.
Der siebenköpfige Stiftungsrat soll am Montag nicht nur das neue Konzept beschließen, sondern auch die Auflösung der bisherigen Einkaufsabteilung, in der Lektoren aus den Fachabteilungen die Bestellungen aufgeben. Darüber hinaus ist im Gespräch, auch die Bestände auszumisten. Was künftig länger als zwei Jahre nicht ausgeliehen wird, soll im Schredder landen.
Kritiker fürchten nun um die Attraktivität der Bibliothek, denn das Angebot der EKZ ist für Bibliotheken von Städten mit bis zu 400.000 Einwohnern ausgerichtet, nicht aber für eine Bibliothek wie der ZLB mit jährlichen Ausleihen von 2,4 Millionen. „Die ZLB würde damit ihr vielfältiges Profil für ein ebenso vielfältiges Publikum verlieren“, meint der ehemalige ZLB-Mitarbeiter Peter Delin, der eine Stellungnahme zum Privatisierungskonzept geschrieben hat.
Der Sprecher von Kulturstaatssekretär Tim Renner, Günter Kolodziej, bestätigte am Sonntag, dass der Stiftungsrat am Montag zusammenkommt. „Ein Beschluss würde mich allerdings überraschen“, sagte Kolodziej. Renner selbst wird bei der Sitzung nicht anwesend sein, sondern vom Abteilungsleiter Kultur der Senatsverwaltung, Konrad Schmidt-Werthern, vertreten sein. Kolodziej deutete darüber hinaus an, dass es auch Gespräche zwischen Renner und dem künftigen Regierenden Bürgermeister und Kultursenator Michael Müller (SPD) über die Zukunft der ZLB gebe.
Das Konzept, das der seit 2012 amtierende ZLB-Chef Heller in Auftrag gegeben hat, ist eine Reaktion auf den gescheiterten Neubau am Tempelhofer Feld. Der Ex-Mitarbeiter Peter Delin moniert, Alternativkonzepte seien nicht geprüft worden.
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