Mailverkehr mit Assads Vertrauter: „The most fascinating princess“
Nahost-Experte Jürgen Todenhöfer ist immer nah dran. Wie nah genau, kann man jetzt nachlesen – in einem sehr intimen Mailaustausch.
Spätestens seit Jürgen Todenhöfer im April 2015 Zugang zu den Führungskadern des „Islamischen Staates“ (IS) bekam, hat der ehemalige CDU-Politiker und Manager sich weltweit einen Ruf als Experte für den Nahen Osten erworben. Wie Todenhöfer seine journalistischen Coups vorbereitet, ist nun öffentlich geworden.
Die Webseite NOW dokumentiert Mails Todenhöfers an die damals 21-jährige Sheherazad Jaafari, ihres Zeichens Medienberaterin des syrischen Präsidenten Assad und Tochter des syrischen UN-Botschafters. Nach taz-Informationen ist dieser Mailverkehr authentisch. Syrische Aktivisten haben den Account 2012 gehackt und nun veröffentlicht. Die Mails erlauben neue Einblicke in die zum Teil intimen Bande des Regimes mit westlichen Journalisten.
Auszüge dieser Mails hat Jürgen Todenhöfer in seinem Buch „Du sollst nicht töten“ bereits veröffentlicht und dort auch eingeräumt, dass er mit Sheherazad Jaafari „flirtete“ – wie er auch mit den Vorzimmerdamen Obamas oder Putins flirten würde. Dass er die junge Frau als „princess of the Middle East“ umwarb, ließ er allerdings aus.
Am 5. Dezember 2011 – da ist der Aufstand gegen das Regime in vollem Gange – schreibt Todenhöfer an die Assad-Vertraute:
„From: Jürgen Todenhöfer
To: Sheherazad Jaafari (forwarded to Bashar al-Assad)
Dear princess of the Middle East! Great idea, let us make Syria the democratic leader of the Arab world and I will spend every free minute there – in the most fascinating country with the most fascinating princess. I am here under heavy fire, because I wrote some articles and showed (…) a tv movie – watched by more than 2 million Germans – trying to be objectif. And saying that he is the only one to find a peaceful way to democratie. In this ’historical hours‘. But time is running out – also for our interview. And it would be such a wonderful opportunity to see you. Yours Juergen“.
„Unfortunately emails are not very confidential“
In einer von Todenhöfer in seinem Buch bereits zitierten Mail an Präsident Assad greift Jaafari am 16. Dezember 2011 die Anregung auf. „Todenhouver, the german thinker“ „said a lot of positive comments about you as a person and about Syria as a country!!!“
Am 18. Dezember schreibt Todenhöfer: „In Germany I am beeing heavily criticised for allegedly beeing to friendly about your president and not critical enough. But that’s live. I have some great ideas for you and your country.“ Und ergänzt hellsichtig: „But unfortunately emails are not very confidential.“
Am 29. Januar 2012 aber kann er mit seiner Begeisterung für Assad und seinem Drängen nach einem Interview nicht mehr hinter dem Berg halten:
„Some people in Germany want to kill me because of the interviews I gave concerning Syria. And the treats are very concrete. But they want the killers to put your army uniform on before so that they can blame your governement. Nice-isn’t it? -:) But this time we should do something really great, something which would destroy the whole strategy of demonisation of the western countries and Al Jazeera. And you know that this is possible only with him. It will his best interview for ever – distrbuted all over the world. He is the only leader who can give your country a modern democratic and stable future without foreign dominance. And this is what we have to make clear to the world. And to your people. So let us do it. (…) Now time is on our side. So please fight – for him and for your country!“
Der herzliche Nachrichtenaustausch führte schließlich zum Erfolg. Im Juli 2012 gab Assad Todenhöfer ein höchst umstrittenes Interview in Damaskus für die ARD. Die Kritik, Todenhöfer habe Partei für Assad ergriffen, hat er stets zurückgewiesen.
Mitarbeit: Ahmad Al Mahamed
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen