Magere Einnahmen bei Onlinewerbung: Microsoft verbrennt Milliarden
Eine Firmenübernahme von 2007 ist für Microsoft sehr teuer geworden. Der Konzern wollte sich damit bei der Onlinewerbung auf Augenhöhe mit Google bringen – daraus wurde nichts.
REDMOND dpa | Microsoft muss in seinem Onlinegeschäft mehrere Milliarden Dollar abschreiben. Grund ist, dass sich ein einst als bahnbrechend gefeierter Zukauf mittlerweile als teurer Fehlschlag entpuppt hat. Microsoft zieht nun die Konsequenzen und schreibt auf einen Schlag 6,2 Milliarden Dollar (4,9 Mrd Euro) ab.
Die gesamte Onlineservicesparte werde langsamer wachsen und weniger abwerfen als ehedem erwartet, räumte der der Konzern am Montag ein. Flaggschiff des Onlinegeschäfts von Microsoft ist die Suchmaschine Bing. Größter Konkurrent ist Google.
Die Abschreibung auf den Firmenwert hat eine Vorgeschichte, die fünf Jahre zurückreicht: 2007 kaufte Microsoft für 6,3 Milliarden Dollar die Onlinewerbefirma Aquantive. Der Softwarekonzern wollte Google das Geschäft mit der Onlinewerbung nicht kampflos überlassen. Doch der Zukauf erwies sich im Nachhinein als weitgehend fruchtlos.
Google beherrscht noch heute große Teile des Geschäfts mit der Onlinewerbung. Während Google Milliarden verdient, vor allem mit gekauften Links bei den Suchergebnissen, räumte Microsoft ein: Die Übernahme von Aquantive habe „das Wachstum nicht bis zu jenem Grad vorangetrieben, der erwartet worden war“.
Das Onlinegeschäft ist und bleibt damit die schwache Stelle von Microsoft: Alleine in den ersten drei Quartalen des laufenden Geschäftsjahres lag der operative Verlust der Onlineservicesparte bei mehr als 1,4 Milliarden Dollar. Immerhin reduzierte sich der Verlust im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, als er sogar bei 1,9 Miliarden Dollar gelegen hatte.
Bürosoftware statt Onlinewerbung
Bing hat nach Firmenangaben seinen Marktanteil zuletzt steigern können und höhere Einnahmen je Suchergebnis verzeichnet. Dazu trug auch die Partnerschaft mit Yahoo bei. Sein Geld verdient Microsoft allerdings bis heute vor allem mit seinem Betriebssystem Windows und den Office-Büroprogrammen.
Microsoft wollte mit Aquantive sein Macht im Onlinebereich stärken. Zum Zeitpunkt der Übernahme schienen die Aussichten auch gut. Die 1997 gegründete Onlinewerbefirma hatte damals 2.600 Mitarbeiter und wuchs rasant - genauso wie das Internetgeschäft an sich. Doch am Ende blieb Microsoft auf einer hohen Rechnung sitzen.
Nachdem Microsoft schon 2009 die mit Aquantive übernommene Onlinemarketingagentur Razorfish abgestoßen hatte, bleiben dem Softwarekonzern von seinem Milliardenzukauf noch einige Onlinewerbesysteme, die er nach eigenen Angaben weiterhin nutzt.
Die Abschreibung fällt im vierten Geschäftsquartal an, das gerade abgelaufen ist und über dessen Verlauf das Unternehmen am 19. Juli berichten wird. In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres hatte Microsoft unterm Strich 17,5 Milliarden Dollar verdient. Die Aktie lag nach Börsenschluss leicht im Minus.
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