Mafiamorde: Siebzig Schüsse zum Geburtstag
In Duisburg wurden sechs junge Männer nach einer Geburtstagsfeier kaltblütig in ihrem Auto zusammengeschossen. Die italienischen Behörden sprechen von einem Kampf rivalisierender Mafiaclans.
DUISBURG taz Am Mittwochmorgen gegen zwei Uhr schlugen sie zu. Mehr als 70 Mal schossen sie aus ihren Schnellfeuerwaffen. Die Kugeln durchsiebten die beiden Autos vor dem Restaurant Da Bruno, sie trafen die sechs Männer im Kopf und im Halsbereich. Es war das blutige Ende einer Geburtstagsfeier in dem nur rund zweihundert Meter vom Duisburger Hauptbahnhof entfernten italienischen Restaurant. Als der Streifenwagen der Polizei eintraf, waren fünf der sechs italienischen Staatsbürger bereits tot, ein weiterer erlag auf dem Weg ins Krankenhaus seinen Verletzungen. Noch gibt es über die Hintergründe nur Vermutungen. Einiges spricht dafür, dass eine Mafiafehde hinter der Tat steckt.
"Es ist wahllos in die im Wagen sitzenden Menschen hineingeschossen worden", berichtete der Leiter der Mordkommission, Heinz Sprenger. Als tatverdächtig gelten zwei Männer, die schnell vom Tatort flüchteten. Eine genaue Personenbeschreibung von ihnen gibt es bislang nicht. Weitere Aufschlüsse erhofft sich die Polizei von Überwachungsvideos aus Bürogebäuden in der Nähe.
Die sechs getöteten Italiener hatten zuvor den 18. Geburtstag von Tommaso-Francesco V. gefeiert - auch er ist unter den Opfern. Die anderen fünf sind Männer im Alter zwischen 16 und 38 Jahren. Zwei von ihnen sind Brüder aus Duisburg, zwei weitere sollen erst kürzlich aus Italien angereist sein.
Italiens Innenminister Giulio Amato erklärte gestern Mittag in Rom, es handele sich allem Anschein nach um eine Auseinandersetzung zwischen zwei rivalisierenden Mafiaclans. Es sei zu befürchten, dass die Duisburger Morde weitere Gewalt nach sich zögen. Laut italienischen Medienberichten sollen die beiden Clans der kalabresischen Ndràngheta angehören. Das Mafiasyndikat soll bereits seit den 70er-Jahren über einen Brückenkopf im Ruhrgebiet verfügen. Erst kürzlich erklärten die italienischen Behörden, dass die Ndràngheta davor stehe, mächtiger als die sizilianische Mafia zu werden.
Laut La Repubblica sind die Opfer Angehörige der Familie Strangio-Nirta, die aus dem Ort San Luca stammt und mit der Familie Pelle-Romeo seit 1991 eine blutige Fehde, führt. Nach Angaben des Corriere della Sera soll die Auseinandersetzung auf ein Fest in der Karnevalszeit zurückgehen, bei dem ein Jugendlicher aus der einen Familie einen Altersgenossen aus der anderen mit einem Ei beworfen habe. Zwischenzeitlich hätten die Fahnder angenommen, die Fehde sei beigelegt. Seit acht Monaten aber hätten sie fünf neue Morde und acht Mordversuche aus dem Umfeld der beiden Clans registriert. Auf der Website des Restaurants Da Bruno ist eine "S. G. Strangio GmbH" als Besitzer angegeben.
Die Duisburger Polizei warnt allerdings vor zu voreiligen Schlüssen. Auch eine Beziehungstat könne nicht ausgeschlossen werden, so Sprenger: "Wir ermitteln in alle Richtungen." Gleichwohl bestätigte er, dass die Erschossenen allesamt aus der Region San Luca in Kalabrien stammen.
Der nordrhein-westfälische Innenminister Ingo Wolf (FDP) kündigte an, italienische Ermittlungsbeamte würden nach Duisburg kommen, um die dortige Polizei zu unterstützen. Auch Beamte des Bundeskriminalamts seien in die Ermittlungen eingebunden.
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