Mafia in Deutschland: Ein bedrohlicher Musiker und Autor
Ein in Deutschland lebender Mafia-Experte soll in Italien selbst zu Mafia-Methoden gegriffen haben. Jetzt droht ihm dort eine Anklage.

Muss er in Reggio Calabria vor Gericht? Francesco Sbano. Bild: imago / jakob hoff
ROM taz | In Deutschland hat sich Francesco Sbano als Experte für die ’Ndrangheta, die kalabrische Spielart der Mafia, einen Namen gemacht. Doch in seiner Heimat Reggio Calabria muss der Journalist, Fotograf und Musikproduzent jetzt mit einer Anklage rechnen, weil er Mitarbeiter des dortigen Anti-Mafia-Museums bedroht haben soll.
Der 50-jährige Sbano hat diverse CDs veröffentlicht, die der ’Ndrangheta gewidmet sind – Kritiker werfen ihm vor, das Verbrechersyndikat damit zu verherrlichen. Tatsächlich tragen die Stücke auf seiner zwischen 2000 und 2005 erschienen Trilogie so aussagekräftige Titel wie „Omertà“. Und im Lied „Es gibt kein Verzeihen“ heißt es, „es gibt keine Gnade für den, der verraten hat“ .
Im Mai 2012 soll Sbano zusammen mit dem Autor Demetrio Siclari in eine Veranstaltung des Anti-Mafia-Museums in Reggio Calabria eingedrungen sein – nicht, um mit den Mitarbeitern des Museums über die Texte diskutieren, sondern um für die Musikrechte, die bei ihm liegen, eine Vergütung einzufordern. Laut Aussagen von Zeugen verlangte er Honorare dafür, dass Stücke seiner CDs in Anti-Mafia-Kursen für Schüler abgespielt worden waren.
Die Zeugen erklärten der Staatsanwaltschaft gegenüber auch, sie seien von Sbano aufs Übelste bedroht worden. Der Beschluss der Staatsanwaltschaft zitiert ihn mit den Worten: „In Deutschland, in der Welt werden unsere Konzerte bejubelt … ich mache euch und diese Hure (gemeint ist eine Journalistin aus Kalabrien, die Sbano kritisiert hatte – Die Red.) fertig. … Habt ihr Informationen über mich eingeholt? … Du weißt nicht, was dich erwartet!“
Nach Reggio Calabria vor Gericht?
Sbano hat jetzt zusammen mit einem Mitbeschuldigten den „Beschluss der Staatsanwaltschaft zum Abschluss der Ermittlungen“ erhalten. Er wird damit aufgefordert, eventuell noch entlastendes Material beizubringen, anderenfalls wird es zur Anklageerhebung kommen.
Damit müsste in Reggio Calabria ein Mann vor Gericht, der aus der Region stammt, aber schon seit Jahren in Hamburg lebt und in der Tat einigen Erfolg verbuchen kann. Seine CDs sollen allein in Deutschland etwa 150.000-mal verkauft worden sein. Außerdem ist Sbano immer wieder mit Artikeln im Spiegel oder auf Spiegel online präsent.
Und erst im Oktober 2013 wurde er vom Berliner Haus der Kulturen der Welt eingeladen, um über die Musik der ’Ndrangheta zu referieren. Diese Einladung löste unter italienischen Anti-Mafia-Aktivisten Protest aus. Sie werfen Sbano vor, er erkläre die ’Ndrangheta-Songs zur eigentlichen Volksmusik Kalabriens – und verniedliche die Mafia damit zu einem Teil der örtlichen Folklore.
Leser*innenkommentare
Schaut Euch Euren so geliebten öffentlich-rechtlichen Filz an
Gast
Oh je, was für ein aufregender Fall. Schaut Euch die Finanzierung der privatwirtschaftlichen Unterhaltungsindustrie durch die Zwangsabgabenverfilzung mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk an. Dagegen ist die „Mafia in Deutschland“, wenn es denn in diesem Fall überhaupt zutrifft, nicht mehr als ein netter Onkel.
Manuela
Gast
Ich moechte den Journalisten fragen, was unter "Mafia-Experten" genau zu verstehen ist.