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■ KommentarMännerjustiz

Es gibt Gewalttaten, die werden von den Strafverfolgungsorganen eigenständig aufgegriffen und unter Strafe gestellt, sofern sie davon Kenntnis erhalten. „Offizialdelikte“ nennt man so etwas. Da mag es nur plausibel klingen, daß ein Knastchef verpflichtet ist, Vergewaltigungen an Mitarbeiterinnen zu melden. Schließlich gilt es, weitere Sexualstraftaten zu verhindern.

Deshalb mögen Gericht und Anklage recht haben, wenn sie Sarodnik den Vorwurf machen, Frauen Vergewaltigungen ausgesetzt zu haben. Andererseits hat das gestrige Urteil jedoch fatale Folgen.

Denn Frauen haben ihre Gründe, wenn sie eine Vergewaltigung geheimhalten wollen. Weil sie Angst vor der polizeilichen und gerichtlichen Tortur haben, weil sie ihren Job nicht verlieren wollen, aus Angst vor der Öffentlichkeit, aus Scham, und, und, und.

Daher ist das Sarodnik-Urteil in Wahrheit ein Skandal. Denn die vergewaltigten Mitarbeiterinnen, die auf Diskretion bestehen, können sich nach dem Urteil nicht einmal mehr ihrem Chef anvertrauen, um weitere Vergewaltigungen zu verhindern. Konsequenz: Sie werden schweigen, so daß nicht einmal Schutzvorkehrungen oder Warnsysteme – wie in Santa Fu – entwickelt werden.

Und wenn man die Logik der Paragraphenhengste weiterspinnt, dann müßten sie zukünftig Frauen, die Männergewalt verheimlichen, ebenfalls wegen Strafvereitelung vor den Kadi bringen. So ist die Justiz wieder einmal auf dem besten Weg, aus Opfern Mittäterinnen zu machen. Typisch Männerjustiz.

Kai von Appen

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