: Männerhaus oder Väterhaus?
In Mitte soll die erste Zufluchtsstätte nur für Männer entstehen / Drei beteiligte Projekte uneins über die Konzeption / Finanzierung ungewiß ■ Von Martin Böttcher
Als Elvira Buchwald, die Leiterin des Amtes für Gleichstellung von Mann und Frau in Mitte, öffentlich machte, im Bezirk sei ein Männerhaus geplant, schlug ihr erst einmal Protest von einigen Frauengruppen entgegen. Zu absurd schien den Frauen die Behauptung, auch Männer benötigten im Fall einer Trennung eine Zufluchtsstelle.
Doch so absurd ist die Idee nicht, und ihre Realisierung, sagt Elvira Buchwald, „hilft letztendlich auch den Frauen.“ Oft genug würden Partnerschaften nur noch aufrechterhalten, weil keine Möglichkeit zum Auszug bestünde. Und während der Trennungszeit gemeinsam in einer Wohnung leben zu müssen, erschwere die ohnehin schon sehr belastende Situation zusätzlich.
Drei verschiedene Männerprojekte arbeiten mit Elvira Buchwald zusammen, um das bisher in Deutschland einzigartige Modell zu realisieren. Wenn alles nach Plan läuft, soll das Männerhaus Anfang kommenden Jahres eröffnet werden. Doch die Projekte haben jeweils verschiedene Gründe, aus denen sie ein Männerhaus benötigen. Väteraufbruch e.V. zum Beispiel will das Haus nicht Männer-, sondern Väterhaus nennen: Benötigt werden die Wohnungen für Väter, die nach einer Trennung wegen Geldmangels, etwa wegen hoher Unterhaltsforderungen, nicht mehr in der Lage sind, sich auf dem freien Wohnungsmarkt kurzfristig eine Wohnung zu besorgen. Im Väterhaus sollen bezahlbare, für voraussichtlich ein Jahr zu mietende Wohnungen zur Verfügung stehen, aber auch Spiel- und Schlafmöglichkeiten für die Kinder.
Aus diesem Grund, sagt Elvira Buchwald, werden im Männerhaus auch keine bekannten Sexualtäter aufgenommen werden. Doch trotz solcher Vorsichtsmaßnahmen rechnet sie wegen der verschiedenen Ansätze mit harten Auseinandersetzungen unter den Projekten: Anders als der Väteraufbruch wendet sich die zweite Projektgruppe, Mannege – Information und Beratung für Männer e.V. an Männer, die aggressiv auf ihre Konfliktsituation reagieren, die ihre Frau oder Partnerin, ihre Kinder schlagen. Für Gerhard Hafner, Diplompsychologe bei Mannege, ist „Gewaltarbeit dringend“. Eine Wohnung, die sich gemeinsam mit einer Beratungstelle in einem Haus befände, sei gut geeignet, um die vorhandene Gewalt abzubauen. Allerdings, so sagt Hafner, kämen die meisten Männer erst, wenn die Trennung schon vollzogen ist und sie merken, was sie an ihrer Partnerin gehabt hatten.
Auch nach Ansicht von Elvira Buchwald ermöglicht das geplante Männerhaus Ehepartnern eine faire Trennung: „Dadurch kann eine Menge an Aggressionspotential weggenommen werden.“ Zuerst sollen allerdings nur Männer im Haus aufgenommen werden, die sich freiwillig der Beratung stellen, sich trauen, ihre Situation zu offenbaren. Später einmal sollen auch Männer gegen ihren Willen, zum Beispiel durch Auflagen von Gerichten oder dem Fürsorgeamt, im Haus untergebracht werden können. Außerdem hofft sie, daß durch die Vernetzung der verschiedenen Projekte in einem Haus – die Selbsthilfeinitiative Alleinerziehende/r (SHIA) ist dritte im Bunde – nicht nur harte Auseinandersetzungen, sondern auch positive Entwicklungen ausgelöst werden. Denkbar sei, daß sich das Haus schnell einen guten Ruf erarbeite und dann zum Kommunikationstreffpunkt werde, in dem neben dem Wohnen auch die Beratung und eventuell sogar die Kultur in Form von Ausstellungen eine Rolle spiele.
Unklar ist allerdings noch, wie angesichts der angespannten Haushaltslage das Projekt finanziert werden soll. Zwar ist schon ein Haus in Aussicht, dieses allerdings müßte noch renoviert werden. Welche Kosten überhaupt anfallen werden, kann Elvira Buchwald noch nicht sagen. Trotzdem müßten die Vereine angesichts des Rotstifts das Wagnis eines Zusammenschlusses eingehen. Sie rechnet aber mit ausreichenden Mitteln durch eine Aufsplitterung der Kosten auf die verschiedenen Senatsressorts Soziales, Jugend und Familie, Gesundheit und auf finanzielle Hilfe durch Sponsoren, zum Beispiel in Form einer Stiftung. Elvira Buchwald: „Ich könnte mir auch den Designer Hugo Boss als Sponsor vorstellen. Der hat so was dominant Männliches.“
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