Männergewalt: Flaggenstreit um Frauenfrage
Das Bannerhissen am UN-Tag "Nein zu Gewalt an Frauen" am 25. November entzweit die Hamburger Bürgerschaft. Auch die schwarz-grüne Koalition ist uneins.
Gabi Dobusch findet das Vorgehen "piefig". Aber etwas anderes hat die frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft "auch gar nicht erwartet von dieser Koalition". Denn CDU und Grüne im Landesparlament der Hansestadt haben am gestrigen Mittwochabend mit ihrer Mehrheit verhindert, dass vor dem Rathaus Frauenpower flattern darf. Die Anti-Gewalt-Fahne der Frauenrechtsorganisation terre des femmes soll stattdessen "vor dem Sitz der Arbeitsstelle Vielfalt" gehisst werden, mithin vor der auch für Gleichstellung zuständigen Justizbehörde. Das betone, sagt CDU-Frauenpolitikerin Karen Koop, "dass die Gewichtung ins Rechtliche geht".
Die SPD hatte beantragt, zum zehnjährigen Bestehen des UN-Gedenktages "Nein zu Gewalt an Frauen" am 25. November das Hamburger Rathaus mit der Fahne "frei leben ohne Gewalt" zu beflaggen. Diese Aktion läuft bereits seit 2001. Im vorigen Jahr beteiligten sich mehr als 850 Städte und Gemeinden in Deutschland.
In Norddeutschland hissten im November 2008 fast 100 Kommunen von Celle und Bremerhaven über Lüneburg und Kaltenkirchen bis Flensburg die Fahne. Selbst auf Nordstrand, der Heimatinsel des Frauenfragen wenig zugeneigten schleswig-holsteinischen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen (CDU), ließ die örtliche Gleichstellungsbeauftragte vor dem Rathaus das blaue Banner im Nordseewind wehen.
Da dürfe Hamburg, das sich so gern mit seiner vermeintlichen Weltoffenheit schmückt, nicht zurückstehen, findet Dobusch. "Beim Christopher Street Day (CSD) wehen inzwischen ja auch die Regenbogenfahnen vor dem Rathaus", erinnert sie.
Schwarz-Grün solle "nicht in Symbolpolitik abgleiten", stellt dagegen Koop klar. Sie persönlich sei ohnehin gegen die Inflation der Gedenktage und zudem "gegen diese Flaggeritis". Aber vor der Vielfaltstelle der Justizbehörde könne Hamburg durchaus Flagge zeigen, findet Koop. Deshalb haben CDU und GAL auf Anregung des grünen Justizsenators Till Steffen eine entsprechende Änderung zum SPD-Antrag vorgelegt.
Von den Grünen ist hinter vorgehaltener Hand zu hören, die Koalitionspartnerin sei "da schon etwas inkonsequent". Aber deswegen müsse frau sich ja nicht gleich in die Haare kriegen. In der rot-grünen Hamburger Koalition von 1997 bis 2001 hätten "männlich-chauvinistische Beharrungstendenzen" auf sozialdemokratischer Seite zum Beispiel bei der Homo-Ehe "auch beharrlich aufgeweicht werden müssen". Und die Beflaggung zum Christopher Street Day im August sei ebenso wie die Teilnahme des CDU-Bürgermeisters Ole von Beust an der CSD-Parade ja auch eine Premiere gewesen. "Manchen muss man etwas Zeit lassen", raunt es aus grünen Fluren.
Die Linkspartei hingegen hält sich mit derlei Kleinigkeiten nicht lange auf. Sie beantragte visionär, die Justizbehörde gleich in "Behörde für Justiz und Gleichstellung" umzubenennen. Damit würde Hamburg "einen großen Schritt in Richtung Aufhebung der Geschlechterdiskriminierung sichtbar werden lassen", lautet ihre Begründung.
Dieser kühne Schritt aber ging CDU, GAL und auch SPD denn doch zu weit. Sie überwiesen den Antrag erstmal zur langwierigen Beratung in den Rechtsausschuss. Mit einem Beschluss rechtzeitig zum nächsten Anti-Gewalt-Gedenktag in einem Jahr wird gerechnet.
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