Machtpoker im Iran: Präsident darf nicht ins Gefängnis
Die Justiz verbietet Ahmadinedschad den Besuch eines Häftlings. Es ist ein weiteres Indiz für seine Konfrontation mit Parlament und Revolutionsführer.
BERLIN taz | Die iranische Justiz hat einen Antrag von Präsident Mahmud Ahmadinedschad, das berüchtigte Teheraner Evin-Gefängnis zu besuchen, abgelehnt. Angesichts des rapiden Anstiegs der Preise, des Devisenproblems und der Wirtschaftssanktionen sei der Besuch eines Gefängnisses zurzeit unnötig, sagte Justizsprecher Gholamhossein Mohseni-Edschei am Sonntag.
Ahmadinedschad sei seit siebeneinhalb Jahren im Amt und habe noch nie den Wunsch geäußert, ein Gefängnis zu besuchen. Gerade jetzt, wo ein enger Verbündeter des Präsidenten sich in Haft befinde, könnte sein Besuch zu Missverständnissen führen und als „politischer Akt“ gedeutet werden, sagte Edschei.
Mit dem Verbündeten ist der Chef der staatlichen Nachrichtenagentur Irna, Ali Akbar Dschawanfekr, gemeint, der seit September in Evin eine sechsmonatige Haftstrafe verbüßt. Er wurde wegen Beleidigung des Revolutionsführers und der Veröffentlichung „unislamischer und unmoralischer Informationen“ verurteilt.
Der Vorfall zeugt nicht nur von einem gespannten Verhältnis zwischen dem Präsidenten und der Justiz, die seit Monaten Personen aus dem Umkreis um Ahmadinedschad wegen Korruption verfolgt. Er ist ein weiteres Indiz für den Konfrontationskurs, den Ahmadinedschad gegen das Parlament und Revolutionsführer Ali Chamenei eingeschlagen hat.
Ahmadinedschad gibt sich plötzlich liberal
Grund dafür sind die Präsidentschaftswahlen im Juni 2013. Ahmadinedschad kann zwar nach achtjähriger Amtszeit nicht wiedergewählt werden, er möchte aber einen eigenen Kandidaten durchsetzen.
Dabei präsentiert sich Ahmadinedschad, der bislang als ultrarechter Politiker galt, nun als „liberaler“ Staatsmann. Er kritisierte die Sittenpolizei wegen zu häufiger Kontrollen auf den Straßen, trat für die Zulassung von Frauen zu den Fußballstadien ein, sprach sich gegen Geschlechtertrennung an den Universitäten aus.
Kürzlich griff er sogar die Moscheen und Religionshochschulen an und forderte sie auf, Rechenschaft über die Umsummen abzulegen, die sie erhalten. Der Präsident scheute sich auch nicht davor, eine rote Linie der Islamischen Republik zu überschreiten: Während seiner Teilnahme an der UN-Vollversammlung in New York erklärte er in Interviews die Bereitschaft Irans zur direkten Verhandlung mit den USA, womit er sich im Inland heftiger Kritik aussetzte. Die Entscheidung über derartige Fragen liege beim Revolutionsführer, wurde er ermahnt.
Diese Schritte zielen darauf, Millionen Unzufriedene und die Opposition für die Wahlen zu mobilisieren. Ginge es nach dem Parlament und der Justiz, wäre er längst abgesetzt worden. Bislang hat Chamenei einen solchen Schritt verhindert, weil er Jahre lang auf Ahmadinedschad gesetzt hatte und nun nicht als Verlierer dastehen möchte.
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