Machtkampf in der Handelskammer: Kaufleute lassen Köpfe rollen

Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Schmidt-Trenz verliert den Machtkampf mit dem neuen Präses. Mit seinem Rücktritt kommt er seinem Rauswurf zuvor

Seiner Abberufung zuvorgekommen: bisheriger Handelskammer-Chef Schmidt-Trenz Foto: Christophe Gateau/dpa

Seinen letzten Auftritt ließ Hans-Jörg Schmidt-Trenz sich nicht nehmen. Vor dem Plenum der Hamburger Handelskammer erklärte deren Hauptgeschäftsführer am Donnerstagnachmittag seinen Rücktritt. „Nach 21 Jahren, in denen ich mein Amt mit Leidenschaft und aller Kraft ausgeübt habe, lege ich es nieder“, so Schmidt-Trenz. Einminütiger Beifall lohnte ihm seinen Schritt, mit dem er seinem Rauswurf zuvorkam; der vorgesehene Antrag auf Abberufung entfiel somit.

Vom neuen Präses Tobias Bergmann erhielt Schmidt-Trenz kein Wort des Bedauerns. „Wir danken Ihnen für Ihre Arbeit“, presste er sich ab, die Demission sei „der richtige Schritt“. Im Februar hatte das von Unternehmensberater Bergmann geführte Bündnis „Die Kammer sind wir“ bei den Wahlen zum Plenum 55 von 58 Sitzen errungen, im April wurde Bergmann erwartungsgemäß zum Präses der Kammer gewählt und hatte „tiefgreifende Änderungen“ angekündigt.

So sollte das Gehalt des Kammergeschäftsführers auf das Niveau eines Senatorengehalts abgesenkt, also bei 150.000 Euro gedeckelt werden. „Der Hauptgeschäftsführer leitet eine Körperschaft öffentlichen Rechts, kein börsennotiertes Unternehmen“, hatte Bergmann seine Forderung begründet. 2015 hatte Schmidt-Trenz laut Jahresbericht der Kammer 530.000 Euro verdient, zugleich wies der Bericht ein Jahresminus von 5,3 Millionen Euro aus. Eine Gehaltskürzung indes lehnte Schmidt-Trenz erwartungsgemäß ab. Deshalb war die Trennung unausweichlich.

Der 57-jährige Volkswirt war seit 1996 Hauptgeschäftsführer der Hamburger Handelskammer, sein Vertrag läuft noch bis 2019, ihm stehen bis dahin seine vollen Bezüge zu. Schmidt-Trenz steht für eine starke politische Ausrichtung der Kammer, welche die Politik vor sich hertreibt. Zugleich wird ihm ein ausgeprägter Hang zum Repräsentativen und Pompösen nachgesagt. Die jährliche „Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns“ an Silvester wurde in seiner Ägide zu einer Inszenierung von Macht und Glamour der Kaufmannschaft gegenüber Politik und Gesellschaft.

1665 wurde die Hamburger Handelskammer als „Commerzdeputation“ gegründet und ist damit die älteste ihrer Art in Deutschland. Vor zwei Jahren feierte sie einen pompösen 350. Geburtstag mit Bundespräsident Joachim Gauck und handverlesenen 1.500 Gästen.

1897 wurde an das Kammergebäude am Adolphsplatz das neue Hamburger Rathaus angebaut – kurze Wege zwischen Wirtschaft und Politik sind seitdem Tradition.

2014 zog erstmals das oppositionelle Bündnis „Die Kammer sind wir“ mit zwölf Vertretern in das 58-köpfige Plenum ein.

2017 erreicht das Bündnis mit 55 von 58 Sitzen einen spektakulären Sieg. Die Wahlbeteiligung liegt mit 17,6 Prozent doppelt so hoch wie 2014 und ist die höchste bei Kammerwahlen in Deutschland.

Ende April hatte das Kammerpräsidium unter Leitung Bergmanns einen Antrag auf Abberufung von Schmidt-Trenz beschlossen. Das Vertrauensverhältnis zwischen Präsidium und Plenum einerseits und Hauptgeschäftsführer „andererseits ist „zerstört“, heißt es in dem Antrag. Dem 45-jährigen Bergmann geht es um „modernes Management“, sagt er.

Er habe die Handelskammer in seinen ersten drei Jahren als Mitglied des Plenums „als stark hierarchische Organisation kennengelernt mit teilweise mo­narchischen Strukturen – alles ist bezogen auf die Spitze aus Hauptgeschäftsführer und Präses“, so Bergmann. „Für eine Organisation im 21. Jahrhundert offenbart das ein völlig falsches Führungsverständnis.“ Allein schon deshalb passe Schmidt-Trenz nicht mehr in das Anforderungsprofil einer zukunftsfähigen Führungskraft.

Für die Position werde eine Findungskommission eingesetzt, „die innerhalb und außerhalb der Hamburger Handelskammer“ nach einer geeignetem Person suchen solle, kündigte Bergmann an. Die Neubesetzung des Postens sei für Oktober angepeilt. Am heutigen Freitag will Bergmann auf einer Mitarbeiterversammlung mit den mehr als 200 Beschäftigten der Handelskammer über ihre Zukunft sprechen.

Weil die Mehrheit im Plenum die Zwangsmitgliedschaften von Unternehmen in der Kammer und die Pflichtbeiträge abschaffen will, werden drastische finanzielle Einschnitte im Haushalt der Kammer befürchtet. Betriebsbedingte Kündigungen werde es aber nicht geben, versicherte Bergmann.

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