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Machtkampf bei den GrünenGrüne sehen Roth

Der Streit um das Spitzenpersonal geht eifrig weiter. Der Vorstoß von Parteichefin Claudia Roth wird gelobt, kritisiert und als Attacke auf Trittin interpretiert.

Sieht aus wie ein Kammerspiel, ist aber Real-Parteipolitik: das Ringen um den Spitzenkandidaten. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Ankündigungen von Grünen-Chefin Claudia Roth haben am Wochenende für hitzige Debatten in der Partei gesorgt. „Eine Urwahl zu Spitzenkandidaten ist nur sinnvoll, wenn es um unterschiedliche Konzepte geht, für die unterschiedliche Personen stehen“, sagte Hessens Landeschef Tarek Al-Wazir am Sonntag.

Inhaltlich lägen die Grünen jedoch derzeit nah beieinander. „Eine Personalityshow abzuhalten halte ich für falsch.“ Zumal sich die Menschen kaum dafür interessierten, mit wie vielen Kandidaten die Grünen in den Wahlkampf zögen.

Mit seiner Kritik zielte Al-Wazir, der auch im Grünen-Parteirat sitzt, auf seine Parteivorsitzende. Claudia Roth hatte am Freitag in der taz dafür plädiert, eine Urwahl zu einem grünen Spitzenteam für den kommenden Bundestagswahlkampf abzuhalten, und eine Quotierung des Teams gefordert. Außerdem hatte sie erklärt, selbst Spitzenkandidatin werden zu wollen. Damit hatte sie als erste Grüne ihren Führungsanspruch angemeldet.

Seitdem erntete sie dafür scharfe Kritik, bekam aber auch Zuspruch – wobei die Meinungen jeweils quer durch beide Parteiflügel gehen. Kerstin Andreae, Vizechefin der Bundestagsfraktion, unterstützte die Forderung nach einer Frau im Spitzenteam. „Es steht uns gut zu Gesicht, eine Frau nach vorne zu bringen.“ Sie könne nachvollziehen, dass Roth auf das Frauenstatut und auf die Doppelspitze poche. „Zu einer klugen Lösung gehört Ausgewogenheit.“

Habeck ist genervt vom Personalspektakel

NRW-Landeschef Sven Lehmann begrüßte den Vorschlag, die Mitglieder über die SpitzenkandidatInnen abstimmen zu lassen. „Wenn vier sich streiten, freut sich die Basis“, sagte Lehmann. „Eine Urwahl würde Klarheit schaffen, wer in der Partei breit getragen wird.“ Und Eveline Lemke, Wirtschaftsministerin in Rheinland-Pfalz, nannte Roths Einlassung eine „richtige Botschaft in die Parteifamilie“.

Doch nicht nur Al-Wazir meldete sich mit Kritik. Schleswig-Holsteins Spitzenkandidat Robert Habeck zeigte sich genervt von dem Berliner Personalspektakel. Ekin Deligöz, Vizefraktionschefin im Bundestag, sagte, die Quote verteidigten Frauen besser nicht damit, dass sie sie mit persönlichen Kandidaturen verknüpften.

Gleichzeitig versuchten viele Grüne, die aufgeregte Debatte herunterzudimmen. „Diese Personaldebatte ist überflüssig“, sagte Priska Hinz, die Haushaltsexpertin der Bundestagsfraktion. Auch Andreae forderte: „Wir müssen erst einmal unsere Inhalte klären, dann werden wir über das Personal entscheiden.“

Partei fasst Roths Ansage als Attacke auf Trittin auf

Klar ist: Bis sich die Grünen auf ihre Spitzenleute geeinigt haben, wird es noch dauern. Fraktionschef Jürgen Trittin kündigte an, dass der Bundesvorstand dem Parteirat „zeitnah“ einen Vorschlag machen werde – dann könne ein kleiner Parteitag im April Verfahren und Zeitplan beschließen.

In der Partei wurde Roths Ansage als Attacke auf Trittin aufgefasst. Er gilt in der Partei vielen als in einem Spitzenteam gesetzt. Selbst Realos hatten ihm jüngst die alleinige Spitzenkandidatur angetragen, obwohl Trittin dem linken Parteiflügel angehört. Eine personelle Zuspitzung sei im Wahlkampf wichtig, Trittins Kompetenz unumstritten, so die Argumente.

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10 Kommentare

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  • E
    Eremit

    Trittin hat Gauck "erfunden" - also einen erzkonservativ-völkischen Rechten als Kandidaten, als "Empört Euch Nicht!"_Präsidenten aufgestellt. Künast sieht in Gauck die Verkörperung des grünen Freiheitsbegriffes (vgl. Westerwelles Freiheitsstatue dieser Republik - letzteres war wenigstens komisch).

    Recht haben sie. Leider hat's noch keiner der Grünenwähler gemerkt. DAS will die nächste Regierung stellen? Na, dann doch lieber Merkel...

     

    Das ganze Gauck-Prozedere, Schuldenbremse, Kriegseinsätze, Bankenrettung, EuroRettung... zeigen ganz deutlich zwei Dinge:

    fdpspdcducsugrüne sind ein und die selbe Partei.

    UNWÄHLBAR.

    Und die Grünen, Wähler wie auch Mitglieder: Was ihr da wählt, ist die neue FDP und auch genauso peinlich. Und diese Grünen-Parteispitze braucht dringend eine Therapie in der Geschlossenen.

  • R
    reblek

    "Selbst Realos hatten ihm jüngst die alleinige Spitzenkandidatur angetragen, obwohl Trittin dem linken Parteiflügel angehört." - Drei Mal kurz gelacht: "obwohl angehört"? Eher doch wohl: "weil nicht angehört". Denn so etwas gibt es bei dem Verein schon lange nicht mehr.

  • H
    helmut

    Trotzdem heute neben den Grünen auch CDU, CSU, FDP und SPD bedingungslos für Kriege und Auslandseinsätze der Bundeswehr plädieren, geht von den Grünen die größte Gefahr aus. CDU, CSU, FDP und SPD sind für deren Kriegsaffinitäten berüchtigt und man kann sich darauf einstellen. Die Bündnisgrünen aber fangen zum einen durch geschickte Gehirnwäsche und PR die Abtrünnigen der anderen bürgerlichen Parteien für das Lager des Imperiums wieder ein und zum anderen bereiten sie sie auf jeden Krieg vor. Sie bedienen sich dazu einer so zynischen Orwell’schen Sprache, dass einem schlecht werden kann. Müllers Geschreibsel in der Frankfurter Rundschau ist ein Paradebeispiel dafür. Und viel zu viele Wähler und Parteigenossen gehen ihnen auf den Leim. Ob Trittin, Roth, Müller oder Künast, ist vollkommen egal, ändern wird sich an der Kriegstreiberpartei deswegen nichts.

  • E
    elisabeth

    ich möchte mal wissen wer von den grünen wählern sich überhaupt für so einen kokolores interessiert. ich finde mit solchen blöden profilierungsspielchen schaden sich die grünen ungemein.

    hat man ja bei der berliner wahl gesehen, so eine schlechte werbung und das gehabe hat viele abgeschreckt.

  • HH
    Horst Horstmann

    Die Grünen waren meine absolute Lieblingspartei, 20 lange Jahre.

    Jetzt aber empfinde ich Fremdscham, wenn ich die Claudia und den Cem ihre seltsam nichtssagenden, ahnungslosen und dennoch hysterischen Kommentare abgeben sehe. Schlimmer als schlechtes Kasperltheater.

    Bitte Grüne, macht doch endlich mal was. Sind diese beiden wirklich eure wichtigsten Leute?

  • MP
    Martha Pfahl

    Für mich ist Claudia Roth die Frau im Spiegel der Grünen.

    Wenn sie die Spitzenkandidatin Nr 1 der Grünen wird, werde ich die Piraten wählen. Finde diese Frau in den Talkshows von den Aussagen her oftmals flach und sehr eitel.

  • KK
    Karl K

    Die Grünen?

     

    '- gehen mir schon längst so was von am A… vorbei. Zur billigen Klientelpartei zerwuseltes Dingsbums!'

     

    Aber:

    "Kerstin Andreae, Vizechefin der Bundestagsfraktion, unterstützte die Forderung nach einer Frau im Spitzenteam. „Es steht uns gut zu Gesicht, eine Frau nach vorne zu bringen.“ "

     

    Doch, doch. Das läußt aufhorchen:

    ' Schlimmer geht immer'! 

     

    " Gesicht", insbesondere " zu Gesicht" und " stehen" wird immer wieder gern genommen. 

    Sowas Sinnfreies verstehen sie von FDP bis Grüne; -  CDU/CSU - sowieso.

     

    Daß Gedenktage so überflüssig sind, wie ein Kropf, hat ming Mouder schon zum "NaziMuttertag" klar gemacht.

     

    Aber nur zwei Tage nach dem Weltfrauentag so altfränkisch und als Frau daherzuschwafeln wie Frau Andreae?

    Ist ja noch peinlicher als Claudias Auftritt in Bayreuth.

     

    Apropo Auftritte. Das kann SchrägschisserM/L Trittin ja auch - aber mühelos! Nein, ich meine nicht " Schweinejournalismus!"

     

    Eher so: " Wie heißt eigentlich dieser Dr. Marabu mit der hohen Stirn bei den Grünen? - hä? - Na ja, auf dem Bahnhof, er stolziert auf dem Bahnsteig auf und ab und fixiert jeden - um gegrüßt zu werden! - Echt? wie Maunz vom Spiegel bei der letzten Tagung? - Ja, so: wenn's bei dem nicht klappt, dann beim nächsten! - vielleicht!?

     

    Woher kommt diese Macke? von GazpromSchröder, PrincetonFischer? gibt's die nur bei Männern? 

    Keine Ahnung! Wir bleiben dran!

  • P
    Petra

    Wo ist Trittin links???

     

    Er ist für den neoliberalen Gauck als Bundespräsidenten und auch sonst wüsste ich nicht, wo er linke Positionen vertreten würde.

     

    Ist er etwa für die Abschaffung von Hartz Iv und für die Einführung eines existenzsichernden Grundeinkommens?

     

    Ist Trittin etwa gegen die angebliche Griechenlandretterei mit Milliarden deutschen Steuergeldern, die in Wahrheit nur Banken, versicherungen und Hedgefonds zu Gute kommt? Nein er stimmt im bundestag stets für die verheerende Finanzpolitik der Kanzlerin!

     

     

    Trittin ist neoliberal, genau wie die nervigen Oberen Künast, Roth und - noch schlimmer- der schreckliche Özdemir.

     

    Bleibt mir weg mit den Grünen! Denen geht es nur um Macht. Sobald sie mitregieren müssen sich Arme und DurchschnittsverdienerInnen fürchten, als wäre Schwarz-Gelb dran. Wieviele Leute die Grünen mit der SPD zusammen durch Hartz IV - Gesetze, Niedriglöhne und Leiharbeit etc. ins Unglück gestürzt haben, das ist unzählbar!

     

    Aber für sich selbst will jede und jeder einen noch lukrativeren fetten Machtposten. Widerlich!

  • H
    Hahahaha

    Geiles Foto. Ein bei jeder Gelegenheit Geld schnorrender Türke mit Erste-Gastarbeitergeneration-Kotelleten, ein linksextremer Deutschlandhasser mit Herzproblemen und die unsympatischste Frau Deutschlands umringen gemeinsam die dümmste Frau Deutschlands, welche von der Lehrer-Journalisten-Beamtenpartei der Über-55-jährigen zur neuen Heldin der Bewegung auserkoren wird. Realsatire. Traurig nur, daß solche Leute und ihre Anhänger es tatsächlich schafften die Medien unter Kontrolle zu bekommen und ihre Meinung als "politische Korrektheit" zur einzig erlaubten zu machen. Bisher fehlt leider eine demokratische Wahlternative. Freie Wähler oder Piraten könnten eine werden. Wer die Grünen wählt, der wird sie bis zum Tod wählen, aber bei echten Wahlen oder Volksentscheiden wären dank hoher Beteiligung die Altlinken mit ihren Dogmen nur noch als Splitterpartei vertreten. Deshalb hoffe ich auf die Piraten, welche solche Entscheide und echte Demokratie durchsetzen könnten.

  • H
    Hahahaha

    Geiles Foto. Ein bei jeder Gelegenheit Geld schnorrender Türke mit Erste-Gastarbeitergeneration-Kotelleten, ein linksextremer Deutschlandhasser mit Herzproblemen und die unsympatischste Frau Deutschlands umringen gemeinsam die dümmste Frau Deutschlands, welche von der Lehrer-Journalisten-Beamtenpartei der Über-55-jährigen zur neuen Heldin der Bewegung auserkoren wird. Realsatire. Traurig nur, daß solche Leute und ihre Anhänger es tatsächlich schafften die Medien unter Kontrolle zu bekommen und ihre Meinung als "politische Korrektheit" zur einzig erlaubten zu machen. Bisher fehlt leider eine demokratische Wahlternative. Freie Wähler oder Piraten könnten eine werden. Wer die Grünen wählt, der wird sie bis zum Tod wählen, aber bei echten Wahlen oder Volksentscheiden wären dank hoher Beteiligung die Altlinken mit ihren Dogmen nur noch als Splitterpartei vertreten. Deshalb hoffe ich auf die Piraten, welche solche Entscheide und echte Demokratie durchsetzen könnten.