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Macht der Blutnacht

■ Deutsche Horrorkurzfilme in der Schauburg

Der ganz harte Kern der Filmfans nutzte die Gelegenheit, die schwerfällige Leere zwischen den Feiertagen zu überbrücken Dienstag- und Mittwochnacht in Scharen aus: Zum ersten Mal veranstaltete das Media Access Bureau die Bremer „Blutnacht“ in der Schauburg. 11 Kurzfilme auf 16mm und 5 Videoproduktionen standen bereit, die Geschmacksgrenzen des Publikums neu zu definieren.

Als Highlight erlebte außerdem das 120 minütige Splatter-Epos „Nekromantik 2“ des Berliner Horrorstars Jörg Buttgereit seine Bremer Premiere. Gerade dieser Film sorgte mit dafür, daß die beiden Vorstellungen restlos ausverkauft waren. In einer etwas langatmigen, aber süffisanten Erzählweise beschreibt Buttgereit das Liebesverhältnis einer Frau zu Leichen im Allgemeinen und ihrem, nicht mehr lange lebenden, Freund im Speziellen.

Das Publikum wußte anscheinend bei den nekrophilen Sexszenen, worauf es sich einließ, denn niemand gab aus Akzeptanzgründen vorzeitig auf.

Als zweiter Programmpunkt wurden zeitgleich im Foyer eine Reihe von No-Budget-Videofilmen via Fernseher gezeigt. Hier war die Stimmung recht ausgelassen, es wurde getrunken, geknabbert und die neue Ausgabe des Bremer Untergrundfilm-Fanzines „Violent Fun“ gefeiert. Als dann das Programm mit der Schweizer Produktion „Blutgeil“ begann, spaltete sich das Publikum in zwei Lager auf: Die Mehrheit nahm die augenzwinkernde Morbidität belustigt auf, andere zeigten sich erschreckt und abgestoßen.

Während sich „Blutgeil“ noch mit dem kurzweiligen Hinmetzeln von Zürcher Polizeibeamten beschäftigte, was in der Schweiz zu einem medialen Aufschrei führte, kam beim darauffolgenden Berliner Film „Mutantenterror“ eher ungruselige Langeweile auf.

Als humoristischer Höhepunkt offenbarte sich zweifelsohne die Bremer Produktion von Andreas Neuenkirchen, namens „dadaDRACULA“: Eine gelungen Hommage an den Fürsten der Dunkelheit und an sinnlosen Klamauk an sich. Gerade die besondere Atmosphäre dieses schwar/weißen Stummfilms verleiht dem Film etwas belustigend Surreales, so daß die BetrachterInnen hin- und hergerissen waren zwischen der theatralischen Dramatik und des höhnischen Dadaismus-Anspruch des Regisseurs.

Nachdem schließlich für fünf Minuten zwei kopulierende Gefrierhähnchen jegliche Pornographie ad absurdum führten, leerte sich das Foyer allmählich, so daß dem schlechten „Greifer von Emden“ zu recht nur noch wenige Hartgesottene beiwohnten.

Der Veranstalter Tobias Lange zeigte sich dennoch hochzufrieden über die gewaltige Resonanz. Seinen Anspruch, die Produkte von (Horror-)FilmemacherInnen auch ohne „Kunsthochschulhintergrund“ an die Öffentlichkeit zu bringen, will er im Rahmen des Media Access Buraus durch eine vierteljährliche Regelmäßigkeit dieses Festivals verwirklichen.

h-no

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