MIT DER STAATSWIRTSCHAFT AUF DU UND DU: Arbeitsselbstbeschaffung
■ Der arbeitslose Lothar Späth kreiert sich seine ABM
Die marode Zeiss-Jena ist vorerst gerettet. Die CDU-Marktwirtschaftler Lothar Späth und Josef Duchac machen den staatsmonopolistischen Coup möglich: Die staatliche Treuhand übergibt den einst sozialistischen Vorzeigebetrieb an das neue Bundesland Thüringen. 3,6 Milliarden Mark kostet der Plan; die Treuhand trägt 2,74 Mrd. DM, das Land Thüringen den Rest. Die vor dem Untergang stehende Linsenfabrik, die zur Zeit täglich 1,5 Millionen Mark Verluste erarbeitet, soll so Richtung Marktwirtschaft umsubventioniert werden.
Betriebswirtschaftlich sei Zeiss am Ende, meint selbst der gestern zum neuen Zeiss-Chef bestellte Späth. 2.800 Beschäftigte sollen bei Carl Zeiss, weitere 6.400 bei Jenoptik unterkommen. Doch für mindestens 14.000 weitere Beschäftigte ist der Ofen aus. Dem arbeitslosen ehemaligen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg dagegen winkt ein neuer Job: als ehrenamtlicher Zeiss-Berater des früheren Gummifabrik-Betriebsleiters und jetzigen Ministerpräsidenten Josef Duchac hat sich das schwäbische Cleverle seine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme selbst kreiert.
Retten, was zu retten ist, lautet Späths und Duchacs Devise — und entspricht somit gar nicht dem verordneten Crash-Programm des FDP-Wirtschaftsministers und PR-Talents Jürgen Möllemann. Ausgerechnet die Politiker, die Forderungen nach staatlicher Industriepolitik jahrelang als „Trojanische Pferde“ oder „Sargnägel“ diffamierten, schweigen sich zu derartigen Sanierungsprojekten lieber aus. Die Politik des freien Laufes à la Aufbau-Opa Ludwig Erhard scheint passé — aber nur im eigenen Land. Den ehemaligen sozialistischen Bruderstaaten wird weiter die Schock-Privatisierung als Königsweg verkauft. Erwin Single
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