MIT DEM SCHWEISSFUSS AUF DU UND DU: Tapie steigt bei „adidas“ aus
■ Britische Pentland-Gruppe übernimmt Sportschuhfirma
London/Paris (dpa/afp/taz) — Der Zwerg hat sich am Riesen verschluckt: Zwei Jahre nach seiner überraschenden Übernahme des Sportartikel-Herstellers adidas AG muß Bernard Tapie die Herzogenauracher Firma wieder verkaufen. Die Finanzholding „Bernard Tapie Finances“ (BTF) gab gestern in Paris bekannt, daß die britische Pentland-Gruppe einen Anteil von 79,95Prozent an der Essener BTF- GmbH erwerben wird, die wiederum 95Prozent der adidas-Aktien besitzt. Der Kaufpreis soll 621 Millionen Mark betragen.
Tapie hatte den Sportschuhkonzern im Sommer 1990 für 440 Millionen Mark übernommen — ein verblüffender Coup, da adidas damals vierzehnmal höher als BTF bewertet wurde. Doch Tapie geriet schon bald in Schwierigkeiten. Die vertraglich vereinbarte Finanzspritze in Höhe von 300 Millionen Mark konnte Tapie nicht aufbringen. Und als im August vergangenen Jahres die Rückzahlung der ersten Kredittranche fällig wurde, mußte Tapie bereits 20,05Prozent der Anteile an der BTF-GmbH in Essen für 134,5 Millionen an Pentland abgeben.
Außerdem verkaufte Tapie verschiedene adidas-Markennamen nach Japan und gab auch die Tennisschlägerfirma Donnay ab, um die Zinsen für den hohen Schuldenberg bezahlen zu können. Hinzu kamen Verkaufseinbrüche bei adidas in Deutschland und in den USA, so daß die Herzogenauracher Firma im vergangenen Jahr lediglich 44 Millionen Mark Gewinn machte. Die Bedingung für den jetzigen Verkauf ist die Zustimmung verschiedener Investoren, die an adidas beteiligt sind.
Pentland hat in jüngster Zeit verschiedene Sportmarken erworben, darunter Speedo, Pony und einen Anteil an der Marke Gear. 1981 hatte Pentland-Chef Stephen Rubin, der Erbe eines Liverpooler Schuhfabrikanten, 60Prozent der Anteile an der Marke Reebok für 77.500 Dollar erworben. Reebok war damals fast pleite, doch Firmenchef Paul Fireman brachte das Unternehmen mit modischen Schuhen und mit Hilfe der Aerobic- Welle in die schwarzen Zahlen. Heute ist Reebok nach Nike — aber vor adidas — der zweitgrößte Sportschuh-Hersteller der Welt. Inzwischen hat Rubin seine Beteiligungen an Reebok mit beträchtlichem Gewinn verkauft.
BTF gab gestern bekannt, daß sie am 30.Juni drei Prozent des ursprünglich für das Management vorgesehenen Kapitals von der BTF-GmbH erworben und damit ihren Anteil von 55 auf 58Prozent erhöht habe. Die Pentland-Transaktion soll „spätestens Ende Oktober 1992“ und die Zahlung von rund 85Prozent des Preises bei Lieferung der Titel in bar erfolgen. Für den restlichen Betrag sollen rund 23 Millionen Pentland-Aktien im Wert von 29,9 Millionen Pfund Sterling ausgegeben werden. RaSo
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