MIT DEM KOMPROMISS AUF DU UND DU: Brasilien im Dilemma
■ Steuer auf Import subventionierter Agrarprodukte
Manaos/Brasilien (ips) — Brasiliens Landwirtschaftsminister Antonio Cabrera ging mit der Agrarpolitik der Europäischen Gemeinschaft und der USA hart ins Gericht. Die Subventionen von landwirtschaftlichen Produkten durch die reichen Länder seien irrational und eine Bedrohung für das ökologische Gleichgewicht und den sozialen Frieden in den Entwicklungsländern, wetterte Cabrera in Manaos bei einem zweitägigen Treffen der Cairns-Gruppe, der Vereinigung von 15 Agrar-Exportländern.
Das hat Brasilien bisher jedoch keineswegs daran gehindert, eben diese subventionierten Produkte einzukaufen. Aus den USA kommen in diesem Jahr 700.000 Tonnen Weizen, der pro Tonne mit mehr als 29 US-Dollar subventioniert wird. Die privaten Mühlenbetreiber Brasiliens stimmten der Einfuhr trotz des Unmuts der traditionellen Weizenlieferanten, allen voran Argentinien, zu. Die Einfuhr von 100.000 Tonnen subventionierten Fleisches aus der EG, geplant für die zweite Jahreshälfte 1991, wird dagegen von Brasiliens Viehzüchtern auf dem Gerichtsweg angefochten.
Als Ausweg aus seinem Dilemma schlug Cabrera eine Sonderimportsteuer auf subventionierte Agarprodukte vor. Dadurch soll die Einfuhr erschwert werden. Uruguays Landwirtschaftsminister, Alvaro Ramos, sagte zu dem Vorschlag, er sei zwar „zufriedenstellend“ — besser wäre es jedoch, wenn Brasilien überhaupt keine subventionierten Agrarprodukte einführen würde. Die Industriestaaten haben im vergangenen Jahr über 300 Milliarden US-Dollar in die Stützung ihrer Landwirtschaft investiert.
Ziel der Cairns-Gruppe, benannt nach dem Ort ihrer Gründung 1986 in Australien, ist der Abbau dieser Subventionen und Exportförderungen. Cabrera forderte die EG und die USA im Namen der Gruppe daher auf, ihre Agrarpolitik zu liberalisieren und den Zugang zu neuen Technologien und Ressourcen, die der Modernisierung der landwirtschaftlichen Produktion in der Dritten Welt dienten, zu erleichtern.
Eine gemeinsame Erklärung der Gruppe soll den Agrar-Unterhändlern des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (Gatt) vorgelegt werden. Die Unnachgiebigkeit der EG hatte im Dezember in Brüssel den Abschluß der Uruguay- Runde des Gatt verhindert. Auch beim Gipfeltreffen der sieben führenden Industriestaaten (G7) nächste Woche in London soll das Cairns-Kommuniqué unterbreitet werden. RaSo
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