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MICHAEL NAUMANN MACHT EINE ANKÜNDIGUNG WAHRZur Unzeit zur „Zeit“

Vor gerade mal drei Wochen sorgte er an einem jetzt hoch signifikanten Ort für einigen Wirbel. „Verfassungsfolklore“ nannte Kulturstaatsminister Michael Naumann in seinem Feuilletonaufmacher in der Zeit die Kulturhoheit der Länder, was nicht nur seinen bayerischen Kollegen im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Hans Zehetmair, in Rage brachte.

Doch Michael Naumann, 1998 in der Regierung Schröder angetreten als ein König letztlich ohne Land, hielt eine föderale Kulturpolitik nicht nur auf dem Papier für eine schöne, aber überflüssige barocke Form – er agierte auch entsprechend. Über den Haupstadtkulturvertrag gewann er im armen Preußen schon mal ganz gut an Boden, und zuletzt hörte man sogar den Berliner Kultursenator Christoph Stölzl murren, zukünftige Strukturreformen in Sachen Bühne und Oper entscheide immer noch das Land Berlin.

Es schien also gerade richtig spannend zu werden kurz nach seiner Halbzeitbilanz im Oktober. Und jetzt geht er einfach weg. Michael Naumann tritt von seinem Amt als Staatsminister beim Bundeskanzler zurück – um dort Herausgeber zu werden, wo er seine letzte Provokation losgeworden ist, bei der Zeit. Er hat dort schon einmal gearbeitet. 1970 war er vom Münchner Merkur dorthin gewechselt, er wurde einer der Gründungsredakteure des Zeit-Magazins und leitete schließlich die Dossier-Redaktion. Später war er Ressortleiter Außenpolitik beim Spiegel. Dann kam der Verlagschef bei Rowohlt und der Verleger in New York, was sein ministerielles Engagement in Sachen Buchpreisbindung sicher auch miterklärt.

Ob Michael Naumann nun als Chef der Zeit richtig Geld verdient? Er hatte es nämlich schon vor einem Jahr gesagt, dass er auf keinen Fall länger, wahrscheinlich eher kürzer als eine Legislaturperiode in der Regierung bleibe, weil er in die freie Wirtschaft zurück wolle, um endlich wieder Geld zu verdienen.

Ganz überraschend ist es also nicht, dass er geht. Dass er aber jetzt geht, schon. Und es ist schade, denn man hätte doch gerne gesehen, ob und wie und auf wessen Kosten es ihm gelingt, sein Aufgabengebiet als Kulturstaatsminister zu arrondieren. Für ihn selbst ist der Zeitpunkt geradezu ideal. Zehn Tage ist es her, dass er allenthalben höchstes Lob erhielt, als er jetzt für die Bundesregierung die Sammlung Berggruen ankaufte. Hochkarätige klassische, französische Moderne findet so in Berlin eine dauerhafte Heimat. Mit einem solchen Coup verabschiedet man sich gerne.

Da sind die Niederlagen, die der Eitelkeit so abträglich sind, schnell vergessen. Etwa das „Bündnis für Film“, wo sich wenig bewegte, vor allem die Länderfernsehanstalten nicht. Doch weil sie anders als die städtischen Bühnen und Opern Geld haben, griff Naumanns zentralistische Anstrengung hier leider nie.

BRIGITTE WERNEBURG

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