MAZEDONIEN HAT EINE NEUE VERFASSUNG. DIE PROBLEME BLEIBEN: Gleichberechtigt, arbeitslos und arm
Ab heute sind die Albaner in Mazedonien nicht mehr „Minderheit“, sondern eines der Staatsvölker der exjugoslawischen Republik. Das Albanische – immerhin die Muttersprache von rund einem Drittel der Bürger Mazedoniens – ist nun zweite offizielle Amtssprache des Landes. Zudem erhalten die Albaner ein Vetorecht bei kulturellen Fragen, eine gewisse regionale Autonomie in den Regionen, in denen sie die Mehrheit stellen – und ein Recht darauf, stärker in die Institutionen des mazedonischen Staates eingebunden zu werden. Besonders der letzte Punkt dürfte die albanischen Eliten zufrieden stellen. Der nicht zu diesen Eliten gehörenden Mehrheit der mazedonischen Albaner jedoch bringt die Verfassungsreform wenig.
Albanische Lehrer und Professoren werden nun eher eine Stelle an mazedonischen Schulen und Universitäten finden. Bei den Sicherheitskräften und im Justizapparat werden mehr albanische Polizisten und Juristen arbeiten. Vielleicht wird sogar der eine oder andere albanische Ökonom einen mazedonischen Betrieb leiten. Nur: Die Volkszugehörigkeit des Direktors verbessert weder die Geschäftsbilanz, noch schafft sie einen einzigen neuen Arbeitsplatz. Im Gegenteil, die neue mazedonische Gleichberechtigung dürfte die Konkurrenz um die wenigen Arbeitsplätze verschärfen. Denn die Albaner werden nun in Positionen drängen, die bisher Domäne der Slawomazedonier waren.
Mazedonien war – neben Kosovo – der wirtschaftliche Hinterhof des alten Jugoslawien. Kurzfristig hat die bettelarme Republik vom Zerfall des gemeinsamen Staates profitiert. Die UN-Sanktionen gegen Serbien und Montenegro brachten Kaufkraft nach Mazedonien. Solange es in den Nachbarstaaten wenig zu kaufen gab, war das Land der Marktplatz des südlichen Balkan. Das sorgte für Arbeitsplätze, Wohlstand – und damit für Stabilität. Doch seit Ende der Sanktionen kaufen Serben und Montenegriner wieder zu Hause ein. Der mazedonische Markt brach zusammen, tausende Slawen und Albaner verloren ihren Lebensunterhalt. Dieses Problem kann auch die beste Verfassungsreform nicht lösen. RÜDIGER ROSSIG
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