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MARCIA PALLY

 ■  Zwanzig Dollar für ein Bordell

Die New Yorker Journalistin Marcia Pally ist in den USA als radikale Feministin bekannt und gleichzeitig als Chef -Filmkritikerin von 'Penthouse‘. Sie schreibt unter anderem für 'The Village Voice‘, 'The New York Times‘, 'The Nation‘. Und einmal im Monat in der taz, was Europäer über den Großen Bruder wissen sollten.

Ich stehe hinter dem künftigen Präsidenten Georg Bush. Nach seinem Sieg beteuerte er in einer Rede, für alle Amerikaner da sein zu wollen, für die, die ihn wählten, aber auch für jene, die es nicht taten. Er möchte das Leben für jeden freundlicher und leichter gestalten, und ich glaube, er meint es ernst. Ich denke, er will wirklich für die 90 Prozent der amerikanischen Familien eintreten, die 28,2 Prozent des Privateigentums besitzen (zumindest dem Bericht des Congressional Joint Economic Committee von 1986 zufolge, der diesen Prozentsatz als das festhielt, was einer Familie nach Zahlung aller Schulden übrigbleibt). Ich glaube nicht, daß er mit seinen Steuergesetzen und Gewerbeverordnungen die zehn Prozent der Familien bevorzugen wird, die den Löwenanteil von 71,7 Prozent besitzen. Läßt man den Wert des Hauptwohnsitzes einer Familie außer acht, so besitzen die oberen zehn Prozent der amerikanischen Familien volle 82 Prozent des Privatbesitzes. Aber ich spür's in den Knochen, Bush wird alles in Ordnung bringen und es an den 90 Prozent, deren Anteil am Kuchen bloße 16,7 Prozent beträgt, wiedergutmachen.

Bushs edle wirtschaftliche Vorsätze haben mich so überzeugt, daß ich angefangen habe, mich nach Investitionsmöglichkeiten für meine zu erwartende Extra -Knete umzusehen. Eine Freundin von mir, die Börsenmaklerin ist, gab mir den Tip, in Bordelle zu investieren. Sie ist nicht so optimistisch wie ich und möchte, daß ich mein Erspartes auf das richtige Pferd setze.

In Nevada gibt's einen Deal, an dem man sich mit 20 Dollar beteiligen kann - das sind vier Six-Packs, selbst die ärmsten 82 Prozent der amerikanischen Familien können sich das leisten. Damit kauft man sich einen Anteil an dem „Mustang Ranch Bordello“, einem 105-Zimmer-Etablissement, das im letzten Jahr fast eine Million Dollar Profit abwarf. (Nevada ist der einzige Staat im Bund, wo Prostitution legal ist. Daher sagen die Bordell-Anwälte auch, das Geschäft sei absolut korrekt. Trotzdem: Ich übernehme keine Verantwortung.) Trotz Aids sind das fast 100.000 Dollar mehr als im Vorjahr. Ich glaube meine Freundin hat eine gute Nase.

Falls Investitionen in die Prostitution aber Ihr Zartgefühl verletzen, wie wär's mit einer nackten Autowäsche? Jacksonville, Florida bietet für zehn Dollar eine drive -through-Autowäsche mit fünf nackten Autowäscherinnen und Poliererinnen an. Die Bullen haben sie wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses zugemacht, sagen Sie? Okay, ich habe einen mehr konservativen Plan für den Geldregen der fetten Bush-Jahre.

„Battlezone“ ist ein neuer Sport, in erster Linie für Männer. Angetan mit Helmen, Schutzbrillen, Tarnanzügen und SWAT-Team Overalls streifen sie durch einen in Nebel gehüllten Irrgarten. Sie sind mit farbgeladenen Plastikgewehren bewaffnet und versuchen die Trophäe des anderen Teams zu erobern, ohne selbst mit Farbe erschossen zu werden. Der Sport ist durchaus keine Eintagsfliege. Allein in Kalifornien gibt es 15.000 Spieler und 500 Spiel -Kurse in den USA, Japan, Neuseeland und Europa. (Wirklich wahr) 'Action Pursuit‘ ist eine amerikanische Monatszeitschrift, die sich diesem Sport verschrieben hat. Sie hat eine Auflage von 75.000 Exemplaren und veranstaltet einen nationalen Wettkampf, dessen erster Peis mit 70.000 Dollar dotiert ist.

Alexander Jason, Besitzer einer Battlezone-Einrichtung in San Pablo, Kalifornien sagt, daß das Spiel so großen Anklang gefunden hat, weil „du dich dabei irgendwie wie ein siegreicher Held fühlst“. Meiner Börsenmakler-Freundin zufolge ist das genau das Richtige für eine sichere Investition. Richard Davis aus Michigan hatte wohl dieselbe Idee, als er das „Aristocrat-a-tat-Machine Gun Shoot“ aufmachte. Hier bringen Männer ihre Maschinengewehre mit und schießen auf gasgefüllte Kübel, Bowling-Kegel und Kisten. „Maschinengewehre sind für diese Typen nur ein anderes Hobby“, sagt Davis. Meine Freundin hätte es nicht besser formulieren können: Kriegsspiele sind die Idee für den Bush -Aufschwung. Ich freue mich auf ein edleres Land. Aus dem Amerikanischen von Anja Cotte

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