: Lya de Putti
Lya de Putti wurde 1896 als viertes Kind der ungarischen Gräfin Maria von Hoyos und ihrem italienischen Ehemann Julius, einem Kavallerieoffizier, als Amalie Edle von Putti geboren. Nachdem die klösterliche Erziehung bei dem wilden Kind nicht fruchtete, wurde sie mit 16 Jahren mit einem ungarischen Landaristokraten und Großgrundbesitzer verheiratet. Mit 18 war sie Mutter von zwei Kindern.
Mit 20 verließ sie ihre Familie, und der Ehemann veranstaltete ein Scheinbegräbnis, bei dem sechs schwarze Pferde den Sarg gezogen haben sollen.
In Budapest begann sie als Soubrette und Tänzerin, und die Presse lobte sie bald als ungarische Pola Negri. Unter ihren zahlreichen Affären erwies sich in den Nachkriegswirren eine Liaison mit einem rumänischen Offizier als politisch nicht opportun, und so flüchtete sie als angebliche Spionin nach Bukarest. Auch dort war sie schnell ein Star, und auch dort wurden ihr ihre Affären zum Verhängnis: Sie wurde — wieder als angebliche Spionin — zum Tode durch Erschießen verurteilt. Ein Sekretär der norwegischen Botschaft und glühender Verehrer rettete sie und wurde ihr zweiter Ehemann.
Eine Nebenrolle in Indisches Grabmal von Fritz Lang war der Start ihrer glanzvollen Karriere in Berlin. 1924 wählten die Leser der Zeitschrift 'Neue Illustrierte Filmwoche‘ sie zum beliebtesten deutschen Stummfilmstar, weit vor Henny Porten, Lil Dagover und Asta Nielsen. 1925 war sie auf dem Höhepunkt ihrer Laufbahn: Sie spielte die weibliche Hauptrolle in Varieté und Manon Lescaut. 1926 wurde sie ebenso wie Erich Pommer, Emil Jannings und E.A. Dupont vom amerikanischen Filmbusineß eingekauft. Sie scheiterte grandios: Die Regisseure mumifizierten sie in dem Klischee vom Vamp, fremd und ängstlich verkam sie zum leblosen Kleiderständer. Das Ende des Stummfilms bedeutete auch ihr Ende, und mit Greta Garbo und Marlene Dietrich begann die neue Ära der blonden Göttinnen. Ihre Liebesaffäre mit einem reichen jüdischen Bankier wurde von dessen Familie nicht geduldet, und der Hungerstreik, mit dem sie ihr Glück erzwingen wollte, endete tödlich. Das Hühnchen, das sie in einem unbewachten Moment herunterschlang, verletzte ihre Kehle, und da sie aus Scham keinen Arzt aufsuchen wollte, starb sie 1931 an einer Infektion. Ihr Tod war den deutschen Zeitungen nur noch eine Kurzmeldung wert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen