Luxus in Sotschi aufgedeckt: Ein Heim für Putin?
Russlands Wikileaks-Ableger RuLeaks.net zeigt Fotos von einem Prunkpalast bei Sotschi. Die Betreiber der Seite sollen aus dem Umfeld der russischen Piratenpartei kommen.
Moskau taz | Sie nennen sich die "Anonymen", die jeden Tag von neuem die "Freiheit der Information verteidigen". Arbeitslose und Studenten, Bürosklaven und Bauern seien sie, heißt es auf der Website. Mehr geben die Betreiber von RuLeaks.net, dem russischen Pendant zu Wikileaks, nicht von sich preis. Dennoch ist es kein Geheimnis, dass die Internetaktivisten aus dem Umfeld der russischen Piratenpartei stammen.
Die agitierte bislang gegen die Einhaltung des Urheberrechts, das in Russland ohnehin einen schweren Stand hat. RuLeaks werde helfen, "den Staat auszumisten", sagt Piratenpartei-Vorsitzender Pawel Rassudow. Besonders vor den Duma- und Präsidentschaftswahlen ab Ende 2011 rechnet er mit wachsendem Zuspruch für das Portal.
Es gibt in Russland schon mehrere Enthüllungsseiten. Anders als kompromat.ru oder antikompromat.ru verfolgt RuLeaks allerdings keine politische Agenda, steht für Enthüllungsmaterial aller politischen Kräfte offen. Anfangs veröffentlichte das Portal nur Wikileaks-Material mit Russlandbezug. Inzwischen gibt es aber auch "eigene" Leaks: So kann man auf der Seite erfahren, welcher Minister auf die Hochzeit der Tochter des usbekischen Unterweltschefs geht.
Den größten Coup landete RuLeaks aber mit der Veröffentlichung einer Fotoreihe eines üppigen Palasts am Schwarzen Meer unweit vom Olympia-Austragungsort Sotschi. Es handelt sich um eine Mischung europäischer Hofarchitektur des späten 19. Jahrhunderts, das Interieur teils im Stile Louis XIV. gehalten. Mit Weingut, Casino und Hubschrauberlandeplätzen. Ein Ambiente, das an den Zarensitz in Petershof erinnert. Zweifellos eines Herrschers würdig.
"Wir sagen nicht, wem dieser Palast gehört, wir veröffentlichen nur Fotos vom Objekt", heißt es auf RuLeaks. Wer mehr über den Auftraggeber wissen will, muss auf corruptionfreerussia.com weiterlesen. Dort stellt der Unternehmer Sergej Kolesnikow in einem offenen Brief an Russlands Präsident Dmitri Medwedjew die Behauptung auf, dass sich Premier Wladimir Putin seit 2006 das "Projekt Süd" bauen lasse. Eine Milliarde Dollar soll es bereits verschlungen haben.
Das Geld soll aus Spenden russischer Oligarchen stammen. Finanziell abgewickelt über Kolesnikows langjährigen Geschäftspartner und Putin-Freund Nikolai Schamalow. Der war bis zur Schmiergeldaffäre 2008 Repräsentant der Siemens AG für Russlands Nordwesten. Die Spenden seien für den Kauf von medizinischen Anlagen akquiriert worden. Diese Geräte sollen zunächst auch an Krankenhäuser ausgeliefert worden sein, 35 Prozent der Spenden wanderten jedoch sofort auf Offshore-Konten. Und seit der Finanzkrise flösse das gesamte Geld in das Projekt.
Hunderttausende Surfer schauten sich auf RuLeaks die Fluchten des Palazzos an. Konsequenzen für den Bauherrn hatte das aber bisher nicht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Mangelnde Wirtschaftlichkeit
Pumpspeicher kommt doch nicht
Gedenken an den Magdeburger Anschlag
Trauer und Anspannung