Lutherpreis für Pussy Riot: „Chaotische vermummte Weiber“
Die Stadt Wittenberg beharrt trotz heftiger Kritik auf der Ehrung von Pussy Riot. Der Mut der Frauen müsse anerkannt werden, sagt der Bürgermeister.
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BERLIN taz/epd | Die Stadt Wittenberg hält an ihrer Nominierung der russischen Frauenpunkband Pussy Riot für den Lutherpreis fest. Der Vorschlag sei demokratisch und formal korrekt zustande gekommen, sagte Eckhard Naumann (SPD), Oberbürgermeister der sachsen-anhaltischen Kleinstadt.
Im Juni hatte die Stadtverwaltung mit fünf Jastimmen, einer Neinstimme und zwei Enthaltungen dafür plädiert, den Musikerinnen, die im Februar in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale einen Anti-Putin-Protest vorgetragen hatten, dafür den Preis „Das unerschrockene Wort“ zu verleihen. Jetzt wurde an dem Beschluss Kritik laut.
Friedrich Schorlemmer, Wittenberger Theologe und Bürgerrechtler, sieht in dem Auftritt der drei von insgesamt zehn Musikerinnen eine „Gotteslästerung“. Der Bandname und die Texte seien „anstößig“, sagte Schorlemmer der taz. Heiner Friedrich List, Fraktionschef der Allianz der Bürger, bezeichnete die Frauen als „chaotische Weiber, die vermummt in eine Kirche eindringen, sich diskriminierend und beleidigend äußern“. List will erreichen, dass der Beschluss der Stadt zurückgenommen wird.
Bürgermeister Naumann räumte zwar ein, Pussy Riot sei in „Grenzbereiche des Akzeptablen“ vorgedrungen und habe vermutlich die Gefühle vieler gläubiger Menschen verletzt. Seiner Stadt sei es aber nicht darum gegangen, Provokationen gegen die Kirche auszuzeichnen, sondern den „Mut der jungen Frauen, auch unter Repressionen bei ihrem Protest zu bleiben“.
Der Lutherpreis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird im April 2013 zum neunten Mal verliehen. Mit dem Preis, der aller zwei Jahre vergeben wird, ehrt der Verbund der Lutherstädte Frauen und Männer, die im Sinne des Reformators Martin Luther Zivilcourage zeigen.
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