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Lust auf König Ludwig

Gegenüber von Neuschwanstein soll das Musical „Sehnsucht nach dem Paradies“ aufgeführt werden. Der Platz liegt im Naturschutzgebiet  ■ Aus Füssen Klaus Wittmann

Es könnte schön romantisch werden. Wenn es erlaubt wird. Dann fiebern ab 1997 jeden Abend etwa 1.200 begeisterte Zuschauer dem Höhepunkt in der Füssener Musical- Hall am Forggensee entgegen. Ludwig, der König, wird tun, was ihn zum Mythos hat werden lassen. Er wird ins Wasser gehen, wird versinken und völlig im See verschwinden. Dann aber öffnet sich die Bühnenrückwand, gibt den Blick frei auf das Schloß der Schlösser – auf Ludwigs Neuschwanstein am gegenüberliegenden Ufer des Forggensees. Dort, wo Ludwig II. nur 172 Tage seines kurzen Lebens verbrachte, wird weiterleben.

Das alles hat schon einen Namen und eine eigene „Musical Produktions GmbH“. Der Name des Musikspiels: „Ludwig II. – Sehnsucht nach dem Paradies“. Der Name der Produktions-GmbH: „Dreamking“. Soweit so gut. 30 Millionen Mark will sich die Dreamking GmbH das Projekt eines recycelbaren Musicalschlosses bei Füssen im Landschaftsschutzgebiet am Forggensee kosten lassen. Fünf Jahre lang sollen dann pro Aufführung besagte 1.200 Besucher in das dreistöckige Musical- Gebäude strömen, Eintritt löhnen und dem Kini mehr oder weniger huldigen. Kitsch oder Kunst für insgesamt rund zwei Millionen Besucher?

Für das Dreamking-Team – Stephan Barbarino und Ulrich Schwab (die Geschäftsführer) – natürlich keine Frage. Bei dem Komponisten! Ach ja. Konstantin Wecker ist für die Musik des Kini- Spektakels verantwortlich. Und begeistert träumt er schon von David Bowie als Ludwig-Darsteller.

Der Hopferauer Gemeinderat und die Füssener Naturschützer sind gar nicht so angetan von den Planungen, die sie „zunächst für einen Witz“ hielten, wie die stellvertretende Kreisvorsitzende Elke Englert sagt. Sie wollen dem „Disney-König-Spektakel“ kräftig einen Schuß vor den Bug versetzen und den ungeliebten Dreamkings zeigen, was Allgäuer Widerstandsgeist alles zu verhindern weiß. Ganz prominent besetzten sie jüngst bei einer Pressekonferenz ihr Podium mit dem Landesbeauftragten des Bund Naturschutz, (BN) Professor Hubert Weiger. Der zog richtig vom Leder. Daß das ein völliger Schmarrn sei mit dem Musical-Schloß im Landschaftsschutzgebiet, unvereinbar mit dem Schutzzweck. Und von dem angeblichen „öffentlichen Allgemeinwohl“, das der Stadtrat zu Füssen bei seiner Abstimmung (22:1 für das Dreamking-Projekt) anführte, könne keine Rede sein. Einen „wahren Rattenschwanz von Folgeprojekten“ und eine enorme Verkehrsflut in der sowieso schon vom Verkehrsinfarkt geplagten Region, befürchtet der Naturschutzprofessor, und flugs wurde angekündigt, zu prüfen, ob das Musical-Theater nicht mittels eines Bürgerentscheids verhindert werden könnte.

Helle Empörung ob dieser Attacken bei den Befürworten, beim Tourismusverband, beim Einzelhandel, den Hoteliers und auch beim Füssener Bürgermeister. Eine Holzlagerstelle sei das bis vor kurzem gewesen, das angeblich so schützenswerte Grundstück neben der Füssener Kläranlage.

In einem Brief an die offenbar eher dem Musical zuneigende Regierung von Schwaben machte Gemeindechef Paul Wengert dem zuständigen Abteilungsdirektor das Dreamking-Vorhaben noch einmal schmackhaft: Der romantische Forggensee, ein Stausee, sei lediglich dreieinhalb Monate im Jahr geflutet, dann verwandele sich die Erholungslandschaft „in eine recht trostlose Mondlandschaft, in der monatelang Kiesbagger und Muldenkipper arbeiten.“ Hingegen würde das 30-Millionen-Projekt für das Bauhaupt- und Baunebengewerbe, für die Hotels und Geschäfte, erhebliche Einnahmen bringen. Dringend nötig sei es, eine solche Gelegenheit beim Schopf zu packen. Einen zusätzlichen Nettoumsatz für den Tourismus im Königswinkel von rund 26 Millionen Mark im Jahr sieht das Stadtoberhaupt auf die hochverschuldete Kommune zukommen. Doch die Herrschaften vom BN zeigen sich davon wenig beeindruckt. Das „Luftschloß neben der Kläranlage von Füssen“ wird ein solches bleiben, prophezeien sie. Im übrigen sei der Musical-Held, Ludwig II., auch nicht im damals gar noch nicht vorhandenen Forggensee für immer baden gegangen, sondern im Starnberger See. Die Festspielhalle mit einem zwanzig Meter hohen Turm und die zusätzliche Verkehrsbelastung, die die jährlich 400.000 Besucher, wohl überwiegend Tagestouristen, mit sich brächten, widersprächen jeglichem Bemühen für einen sanften Tourismus im Allgäu. Daher werden jetzt fleißig Unterschriften gesammelt, und im benachbarten Schwangau, auf dessen Gemarkung das berühmte Märchenschloß steht und wo ursprünglich die „Sehnsucht nach dem Paradies“ geplant war, klopft man sich schon auf die Schenkel. Weil man hier das Schloß hat und die drüben im wenig geliebten Füssen den Ärger mit den Naturschützern.

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