: Luminiszenz
■ Der Schweizer Künstler Daniel Hausig über die Beziehung von elektrischem Licht und Malerei
Daniel Hausig wurde 1959 in Kreuzlingen (Schweiz) geboren und studierte Kunst in Hamburg bei Gotthard Graubner. Das Leuchten als eine Form des Lichts ist ihm mehr als eine Empfindung der Sinnesorgane. In seine Erforschung der Beziehungen zwischen Licht und Malerei integriert er die Entwicklung der Elektronik genauso wie die Erforschung lichttragender Pulver in Bildschirmen, Leuchtstoffröhren und Röntgenschirmen – statt der Leinwand eines Bildes leuchten bei ihm Glasplatten. Eine gerade eröffnete Ausstellung in der Galerie Vorsetzen dokumentiert seine Arbeitsschritte.
taz: Wie kam es für Dich zu einer Fragestellung, die das Erforschen elektrischer Welten in Beziehung zur Malerei setzte?
Daniel Hausig: Das beruhte auf einer Erfahrung. Vor Jahren wollte ich in einem alten NS-Bunker in Berlin eine Installation machen, die mit minimalen Mitteln den authentischen Raum zur Sprache bringt. Dort habe ich dann Schriftzüge entdeckt aus noch vorhandener Phosphorfarbe, die noch schwach leuchtete, wenn man sie mit einer Lichtquelle aktivierte. Daraufhin habe ich ganze Wände, Decken und Böden mit diesem grün schimmernden Licht bemalt. Diese grüne Luminiszenz war eine materielle Erleuchtung. Die Erforschung der Phosphore und ihr Gebrauch hat eine lange Geschichte, in der sich unser Verhältnis zum Licht spiegelt: Auch in der Natur finden sich etliche Körper, die mit der Fähigkeit, im Dunkeln zu leuchten, ausgestattet sind. Größeres Aufsehen erregte es allerdings erst, als Menschen herstellen konnten, was man in der Natur als Wunder bestaunte. Dieses phosphorische Leuchten verdankt seine Anfänge übrigens einem Hamburger.
Leuchtphänomene, Luminationen und Illuminationen, sind mit der Philosophie der Aufklärung historisch verbunden. Bei Dir findet eine Tranzformation in die Kunst statt. Welcher Weg führte Dich hier in die Ästhetik?
Zunächst berührte mich das Phänomen der Wahrnehmung allgemein. Die Erforschung des Wahrnehmungsvorgangs von Licht, der ja auch ein zentrales Feld der Malerei seit Jahrhunderten ist, hat mich dann für meine Untersuchungen interessiert. Geschichtliche, soziale und soziologische Aspekte habe ich erst einmal zurückgestellt.
Deine Arbeit „Das Hamburger Wunder und die X- Strahlen“ verbindet aber doch beides: die Geschichte der Entdeckung der Röntgenstrahlen und die daraus resultierende Veränderung von Welt-Bildern einerseits, die Veränderung künstlerischer Wahrnehmung andererseits.
Wenn ich früher versucht habe, raumgeometrische Gesetzmäßigkeiten zu untersuchen, habe ich mich genauso verhalten wie ein Wissenschaftler: Da ist ein Phänomen; aus dem Beobachten und Untersuchen ergibt sich ein Problem, aus dem man neue Fragen entwickelt und dann Schritt für Schritt versucht, Lösungen zu entwickeln. Aber dieses geistige und kulturelle Ordnungsmodell hat jetzt meiner Meinung nach ausgedient. Wir müssen versuchen, das, was wir durch Forschung und Technik in die Welt hineingebracht haben, zu verstehen, um auch die Wirkungen der rasend schnellen technischen Entwicklungen lebensfördernd einsetzen zu lernen. Und das hat auch eine Bedeutung für die Kunst, besonders für die Geschichte der Malerei. Verkürzt gesagt, bin ich für eine Art „Dennoch-Fortschritt“, der sich in einem Wechselverhältnis von Erkenntnis und Auswirkung der Erkenntnis entwickelt. Auch in der Kunst müssen wir Wirkung und Auswirkung von Material und Materiallogik bewußter untersuchen.
Fragen: Gunnar F. Gerlach
bis 8. Juli, Galerie Vorsetzen, Seilerstr. 29; Mi–Fr 11–18, Sa 11–14 Uhr
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