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Luftangriff auf TanklastzügeOberst Klein war nicht allein

Oberst Klein und sein Fliegerleitoffizier haben nicht allein entschieden. Das Kommando Spezialkräfte (KSK) soll den Luftangriff auf die Tanklaster in Afghanistan mitgesteuert haben.

Am Anfang war es einfach: Oberst Klein soll den Befehl allein gegeben haben. Doch fast täglich zeigen neue Quellen, dass entschieden mehr Personen am Angriff auf die Tanklaster beteiligt waren. Bild: ap

Als Oberst Georg Klein den Piloten der US-amerikanischen Bomber den Luftangriff auf die beiden Tanklaster im nordafghanischen Kundus befahl, saß er nicht allein am Funkgerät.

Mit dabei war auch ein Fliegerleitoffizier, der in allen zugänglichen Dokumenten bislang nur "Red Baron" heißt. Und noch eine ganze Gruppe von Leuten hat offenbar in der Nacht vom 3. auf den 4. September mitgewirkt: "Mindestens fünf Offiziere und Unteroffiziere", schrieb die Bild-Zeitung am Donnerstag, die wenigstens teilweise zur Bundeswehr-Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) gehörten, hätten Klein beraten.

Damit ist erneut ein Detail über das Bombardement von Kundus via Bild an die Öffentlichkeit gelangt, das den Angriff mit bis zu 142 Todesopfern - darunter dutzenden Zivilisten - in ein neues Licht rückt.

Unter den Oppositionsfraktionen im Bundestag, insbesondere der SPD, herrschte am Donnerstag einige Aufregung darüber, ob der Luftangriff also eine KSK-Aktion gewesen sei, die bloß als "Notwehr" gegen vermeintliche rollende Bomben getarnt war. Auch das Isaf-Mandat, unter dem die Bundeswehr in Afghanistan operiert, sah mancher durchbrochen - KSK-Geheimeinsätze von solcher Tragweite seien darin jedenfalls nicht enthalten. "Das ist Grauzone", sagte der Linken-Verteidigungsexperte Paul Schäfer zur taz.

Das KSK war seit 2002 unter der US-geführten Operation Enduring Freedom (OEF) in Afghanistan eingesetzt. Im Oktober 2008 wurde das Antiterrormandat für das KSK vom Bundestag gestrichen. Klar - wenn auch nicht offiziell - war da allerdings auch, dass das KSK unter dem Isaf-Mandat weitermachen würde. Mitte Oktober dieses Jahres etwa berichtete der Spiegel, dass KSK-Kämpfer um drei Uhr morgens bei Kunduz gemeinsam mit dem afghanischen Geheimdienst NDS 15 mutmaßliche Taliban festgenommen hätten.

In Bundeswehrkreisen ist es "völlig klar", dass das KSK seit Einrichtung des Lagers in Kundus auch mit dessen Schutz betraut ist, erfuhr die taz aus Bundeswehrquellen. Das KSK werbe außerdem afghanische Spitzel an. Es liege nahe, dass nicht nur das KSK, sondern auch weitere Nachrichten- und Geheimdienste an der Planung des Luftangriffs beteiligt gewesen seien. Umso merkwürdiger sei es, dass Oberst Klein es versäumt haben sollte, den zuständigen General Jörg Vollmer im deutschen Hauptquartier in Masar-i-Scharif zu fragen.

Unmittelbar nach dem 4. September hatten die Verteidigungsexperten der Fraktionen mehrfach nachgefragt, ob das KSK an dem Angriff beteiligt war. Die Antwort des damaligen Verteidigungsministers Franz Josef Jung (CDU) sei stets "nein" gewesen, hieß es am Donnerstag. Laut Bild wusste Jung jedoch davon, dass in der Task Force 47, die die Angriff vom Feldlager Kundus aus steuerte, zur Hälfte KSK-Soldaten waren.

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Susanne Kastner (SPD) sagte am Donnerstag zur taz: "Das Parlament erwartet unverzüglich Aufklärung vom Minister darüber, welcher Art der Einsatz war." Noch bevor der Verteidigungsausschuss sich kommenden Mittwoch in einen Untersuchungsausschuss verwandelt, wollen die Verteidigungsexperten einen Termin bei Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU).

Für die Einsetzung des Untersuchungsausschusses haben die Fraktionen inzwischen rund 90 Beweisanträge formuliert, eine Liste mit zu ladenden Zeugen soll bereits 50 Namen umfassen. Noch keine abschließende Einigung gibt es darüber, wie geheim der Ausschuss tagen soll. Mindestens Kanzlerin Angela Merkel, die Minister und Exminister Guttenberg, Frank-Walter Steinmeier und Jung sollen nach Willen der Opposition öffentlich angehört werden.

Die Bild hatte schon am 26. November einen Bericht der deutschen Militärpolizei veröffentlicht, aus dem hervorging, dass das Verteidigungsministerium wesentlich früher als behauptet von zivilen Opfern wusste. In der Folge feuerte Guttenberg Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und Staatssekretär Peter Wichert. Der Exverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) trat von seinem Amt als Arbeitsminister zurück. Guttenberg revidierte sein Urteil, wonach der Angriff "militärisch angemessen" gewesen sei: Er sei eben nicht angemessen gewesen.

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7 Kommentare

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  • W
    Wieland

    Ein KSK-Soldat will nach Bericht der "Frankfurter Rundschau" Oberst Klein davor gewarnt haben, sich auf die Informationen eines afghanischen Informanten zu verlassen. Der hatte anscheinend, bei den entführten Tanklastern befänden sich ausschließlich Taliban und ihre Unterstützer.

     

    Gibt es Aufzeichnungen/Protokolle/Mitschnitte von dieser Info? Was führte dieser Informant im Schilde?

     

    Wurde die KSK nur hereingelegt oder sind das weitere Scheinmanöver?

  • R
    Raoul

    Noch mehr Lügen - die Wahrheit ist beim Kunduz-Massaker verloren gegangen.

     

    Schon geistern durch die deutsche Medienlandschaft Nachrichten, dass Oberst Klein und seine KSK in Kunduz mindestens 80 Taliban im Umfeld der 2 im Sand steckenden Tanklaster vermuteten.

     

    Der Sand wurde ihnen vermutlich von einem afghanischen Informanten in die Augen gestreut, der behilflich sein wollte an der von den Warlords gewollten systematischen Vertreibung der Paschtunen aus dieser Gegend.

     

    Und Sand wird auch der deutschen Öffentlikchkeit in die Augen gestreut. Dümmlichere Verschleierungsmethoden fallen den "Informanten" anscheinend nicht ein?

  • W
    Wahn-Fried

    Wenn hier einer schreibt: "Das Geschrei über zivile Opfer ist verlogen und auch durchschaubar. Die Truppen sollten sich da nicht in

    ihrer Arbeit stören lassen", dann ist das an Niedertracht nicht zu unterbieten.

     

    Wieviele zivile Opfer ihr Leben aufgrund unreflektierter und innen- wie außenpolitisch dummen Befehle verbluten, verbrennen, auf deutsch verrecken, nimmt dieser Schreiber lustvoll inkauf.

     

    Er zeigt damit eine Menschenverachtung, die eher zu den Schergen des Nazi-Reiches passt. Und von denen wurden - leider - nur die wenigsten wg. Kriegsverbrechen - bestraft.

  • S
    SouthQuarter

    Eine Beteiligung des KSK wirft doch ein völlig neues Licht auf die Geschehnisse. Bisher ging man davon aus, dass Oberst Klein aus Angst vor einem Terroranschlag mit Tankwagen die Bombardierung befohlen hat. Da blieb die Frage, warum er den US-Piloten verweigerte, die Menschenmenge durch eine Tiefflug vorher zu vertreiben. Jetzt aber kommt heraus, dass das KSK vier mutmaßliche Taliban-Kommandanten am Ort des Geschehens meldete. Da macht es natürlich Sinn, die Menge vor dem Bombenabwurf nicht zu warnen, wenn man die Kommandanten ausschalten will. Nur: seit wann hat die Bundeswehr in Afghanistan das Recht, gezielte Tötungen vorzunehmen? Den Tod von Dutzenden Zivilisten in Kauf zu nehmen, um vier VIP's zu töten - ist das verhältnismäßig? Ist das vom ISAF-Mandat überhaupt abgedeckt?

  • G
    grifter

    Zentrale Aufgabe der KSK in Afghanistan ist das auf-

    spüren und töten der Taliban. Daher ist es selbst-

    verständlich, dass die KSK auch bei der Verfolgung

    der Terrorristen im zusammenhang mit den Tanklastern

    beteiligt war. Und das ist auch eine gute Sache.

    Das Geschrei über zivile Opfer ist verlogen und auch

    durchschaubar. Die Truppen sollten sich da nicht in

    ihrer Arbeit stören lassen.

  • G
    gregor

    Die Einbeziehung der KSK in die Geschichte ist ein logischer Schritt. KSK gilt als sauber und fehlerfrei. Dann kommen die Infos, dass man den Bin Ladin töten wollte, der sich in einem der Tanks versteckte. Das war also eine geniale KSK-Operation. Aber der böse Bin Ladin ist entkommen. So wird man das Ansehen der Truppe wieder Ok machen.

  • G
    GonZoo

    BILD betreibt investigaten Journalismus und haut zwei CDU-Verteidigungsminister in die Pfanne, den ersten wie ein Ei mit Schale, der zweite wird auf kleiner Flamme gekocht. Daß ich das noch erleben darf...