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■ Lucky Streik?Sklavin der Effizienz

Als einziger Erfolg der Studentenstreiks ist vielleicht das Versprechen von Rot-Grün zu bewerten, Studiengebühren verbieten zu wollen. Kein Grund zum Jubel, aber auch keine Selbstverständlichkeit mehr, wie sich am Beitrag von Ronja Wildberger (siehe Lucky-Streik-Kolumne vom 19.11.) sehen läßt. Sie preist die Vorteile von Studiengebühren nur mit Klischees. Sie behauptet, daß die eigentlichen Ziele des Streiks nur einigen wenigen zugänglich gewesen seien. Welche Ziele, möchte man fragen. Über die Analyse, daß der gegenwärtige Zustand der Hochschulen miserabel ist, kam der Konsens der Streikenden doch inhaltlich nie hinaus. Ein mediales Spektakel und diese banale Feststellung waren es, die für wenige Wochen ein studentisches WIR konstruierten. Eine Mehrheit fand sich übrigens auch dafür, Studiengebühren abzulehnen.

Versäumt wurde während des Streiks eine Grundsatzdebatte, ob Hochschule in Zukunft als Ausbildungsstätte oder als Universität gedacht werden soll. Soll es um eine reine Ausbildungsfunktion gehen, dann zieht das zwangsläufig volkswirtschaftliche Überlegungen nach sich. Dann wird es zu teuer, „einfach mal ein paar Semester auszuprobieren“, wie Ronja schreibt. Dann würde das Studium aber käuflich, und es werden die von ihr kritisierten „ewigen Nörgler das Feld räumen“. Studieren wird zu einer Investition. Studiengebühren sind ein wichtiger Schritt hin zu einer Hochschule, die sich zur Sklavin von Effizienz und Leistung macht. Freiheit von Forschung und Lehre Adieu!

Und Hochschule als Universität, als universelle Bildungseinrichtung? Die Antwort verlangt Phantasie. Die selten gewordene Forderung „Bildung für alle“ verweist aber auch heute noch auf eine wichtige Prämisse: Daß die Gesellschaft Bildung als Gut vergibt, ohne Auslesekriterien wie „reich“ und „begabt“ zum Maßstab zu erheben. Bildung muß allen Menschen zugänglich sein. Das setzt einen Bildungsbegriff voraus, der mehr als reine Wissensvermittlung meint, der ein Ausprobieren erlaubt, der die Phantasie anregt – auch zu Kritik und zum Nörgeln. Natürlich, denn Kritikfähigkeit zu erzeugen, ist eine der Aufgaben von Persönlichkeitsbildung. Dieses Bildungsideal war noch nie verwirklicht.

In der Realität ist Hochschule längst beides: Ausbildungsstätte und Universität, ein Kompromiß. Die Debatte über Studiengebühren verschiebt das Gewicht immer stärker zu Lasten der Universität. Daß der von Ronja bemühte „promovierte Taxifahrer“ Fahrgäste befördert, anstatt zu forschen, ist seine eigene Entscheidung. Wahrscheinlich aber liegt es daran, daß den „verknöcherten Professoren“ kein Nachwuchs folgen kann. Ihre Stellen sind schlicht nicht mehr vorgesehen beim drastischen Sparkurs, den die Länder den Unis aufzwingen. Ronjas Frage „Warum umsonst studieren?“ ist doppeldeutig. Wenn sich erstmal junge Menschen ein Studium im Schnelldurchlauf erkaufen müssen, um sich anschließend als Fachidioten dem Markt anzubiedern, werden sich hoffentlich nicht wenige fragen: Warum umsonst studiert? Ann-Sofie Susen

Die Autorin studiert im 11. Semester Politikwissenschaft an der FU Berlin

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