■ London: Handelsminister tritt wegen seines Finanzgebarens zurück: Das Bauernopfer
Labour und Tories unterscheiden sich nicht nur in ihrer Politik immer weniger, sondern offenbar auch in ihrem Finanzgebaren. Der Skandal um den britischen Handelsminister Peter Mandelson, der vom Labour- Schatzmeister Geoffrey Robinson einen Geheimkredit zu Sonderkonditionen angenommen hat, war nicht die erste Unregelmäßigkeit bei New Labour. Man denke nur an die Millionen-Parteispende des Autorennbosses Bernie Ecclestone, woraufhin die Formel I vom Tabakwerbeverbot ausgenommen wurde. Und Robinson selbst, der Zahlmeister, hat die parlamentarischen Regeln über die Offenlegung seiner geschäftlichen Interessen so oft mißachtet, daß er inzwischen auch zurückgetreten sein dürfte.
Mandelson hat sich für Tony Blair geopfert. Der Skandal überschattete auch das Saubermannimage des Premierministers, denn Blair hat seinen Freund gegen Anfeindungen aus der eigenen Partei stets verteidigt. Blair geht trotz Mandelsons Rücktritt beschädigt aus der Sache hervor. Schließlich ist die Labour Party nicht zuletzt wegen der Finanzaffären der Tories an die Macht gekommen. „Sleaze“, so lautete das Schlagwort, mit dem Labour die schmuddeligen Tory- Geschäfte beschrieb und das nun wie ein Bumerang auf die Regierung zurückgefallen ist.
Dabei hatten Blair und sein enger Freund Mandelson die Partei in New Labour umgekrempelt und waren mit dem Versprechen angetreten, Transparenz und Informationsfreiheit in den Regierungsstuben einzuführen. Warum hat Mandelson geglaubt, daß er seinen Privatkredit geheimhalten könnte? Dachte er, daß er seiner eigenen Finanzaffäre noch einen harmlosen Dreh geben könnte, weil er als „Spin Doctor“ par excellence galt, seit er nach dem Labour-Wahlsieg zum Minister ohne Ministerium wurde?
Da hat er seine Feinde in der eigenen Partei unterschätzt. Als undurchsichtiger „Prinz der Dunkelheit“, der den letzten Hauch von Sozialismus aus der Labour Party vetrieben hat, ist er nicht nur beim linken Flügel verhaßt. Auch die rechten Parteigenossen mißtrauen ihm, weil er hinter den Kulissen rücksichtslos agiert hat, um den neuen Kurs der Partei durchzusetzen. Die Meldung über seinen Sonderkredit kam deshalb höchstwahrscheinlich aus den eigenen Reihen.
Wenn seine Gegner nun glauben, daß sie den dunklen Prinzen für immer los sind, täuschen sie sich. Mandelson wird zurückkommen. Blair hat gestern bereits angedeutet, daß er in Zukunft noch viel von ihm erwartet. Wenn die Schamfrist vorbei ist, sitzt Mandelson wieder im Kabinett. Ralf Sotscheck
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