Lokalkoloratur:
Es ist ein Hundeleben als situierter Mensch in dieser Stadt. Auf dem Spielbudenplatz wird Boule gespielt, kein Polo, Kleinbürger werden Ex-Bürgermeister, und hat man mal ein Plätzchen gefunden, an dem es sich abgeschieden vom Plebs leben lässt, kommt diese sozialdemokratische Gleichmachereiwut daher und sorgt dafür, dass das Leben zur traurigen Gestalt verkommt. Nehmen wir Jil Sander. Sander hat ein Haus im sozialen Brennpunkt Pöseldorf gefunden, in dem sie sich von der Passion erholt, Mode zu schöpfen. Sie verlangt vom Leben nicht viel: Ein bisschen Ruhe, ein bisschen Champag-ner, ein kleines Stückchen von diesem verdammten Kuchen Dasein. Aber selbst das wird ihr genommen. Die Stadt, der Müll, die Uni – diese Zentren der Egalität: Sie haben nichts Besseres zu tun als in die Nachbarschaft von Sanders Anwesen einen Hochschulanbau zu setzen. Glücklicherweise regiert heute der Adel die Stadt, es gibt Hoffnung: Mit jener Hoffnung im Gepäck klagt Sander nun gegen die Stadt wegen der Verletzung von Nachbarschaftsrechten. Es ist den Pöseldorfern tatsächlich nicht zuzumuten, dass fusselbärtiges Langzeitstudentenpack laustark Doktorarbeiten deklamierend durch ihre Vorgärten vagabundiert. Welch Minderung von Lebensqualität. aha
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