: Lohn im Osten hinkt auf Westniveau zu
Bonn (taz/dpa) — Auch in Ostdeutschland sind die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst jetzt abgeschlossen. Die 1,4 Millionen Staatsdiener in den neuen Ländern sollen rückwirkend zum 1. Mai 70 Prozent der Westgehälter bekommen. Der Stufenplan sieht weiter vor, den Prozentsatz ab 1. Dezember auf 74 und ab 1. Juli nächsten Jahres auf 80 Prozent zu erhöhen. Zudem gibt es ein einheitliches Urlaubsgeld von 200 Mark — natürlich nur für diejenigen, die ihren Arbeitsplatz behalten. Für die Opfer „unvermeidlicher Umstrukturierungsprozesse“ wurden Abfindungen in Höhe von einem Viertel des letzten Monatsgehalts für jedes Berufsjahr, höchstens aber 10.000 Mark, vereinbart.
Die nach dem Urabstimmungsdebakel im Westen arg gebeutelte ÖTV-Vorsitzende Monika Wulf- Mathies wollte diesmal auf keinen Fall Zerknirschung aufkommen lassen: Sie lobte das Verhandlungsergebnis als „ein Zeichen der Ermutigung“ — ein „weiterer kräftiger Schritt“ zur völligen Angleichung der Ost- und Westlöhne sei gelungen. Auch Innenminister Rudolf Seiters befand den Abschluß als „fairen Kompromiß“, obwohl er den an dieser Stelle üblichen Satz natürlich nicht ausließ: „Die Arbeitgeber sind an der Grenze der Belastungsfähigkeit und des Vertretbaren angelangt.“ Nach seinen Berechnungen müssen die Kassenwarte von Bund, Ländern und Gemeinden für den Tarifvertrag in diesem Jahr sechs und im nächsten Jahr 15 Milliarden zusätzlich locker machen. Aber die lange Laufzeit von 20 Monaten mache die Belastungen berechenbar. Die Verhandlungsführerin der Länder und Kommunen, die schlewswig-holsteinische Finanzministerin Heide Simonis beklagte zwar, daß die Hauptlast nicht vom Bund getragen würde; für sie sei aber wichtig, daß der soziale Friede zwischen alten und den neuen Ländern gesichert sei.
Auch für die rund 200.000 Angestellten der Reichsbahn wurde ein Tarifabschluß vereinbart, der sich nur in Nuancen von dem des öffentlichen Dienstes unterscheidet. Bei der Post ging es hingegen nicht so schnell ab: gestern wurde noch verhandelt.
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