: Lohn im Mittelpunkt der Attacke
betr.: „Doch nicht für Niedriglöhne“, „Klischee ‚Niedriglohn‘ “ von Barbara Dribbusch, taz vom 21. 11. 00
Der Betrieb steht auf dem Schlauch und die Belegschaft reicht der Geschäftsleitung den rettenden Rezzo: Sozialisierung der Verluste. Der Glaube, durch Lohnverzicht (dauerhaft) Abeitsplätze retten zu können, hätte Berge wie die Alpen schon an den Rand des Mittelmeeres versetzen müssen. Es mussten schon viele dran glauben. Der Lohn im Mittelpunkt der Attacke, nicht die Lohnarbeit als solche.
Die Folgen der Niedriglohnarbeit für abhängig Beschäftigte als Thema? Das teilweise erschreckende Versagen der Gewerkschaften, die Regulierung der kapitalistischen Ausbeutung je nach Marktverhältnissen im Interesse der Mitgliedschaft positiv zu beeinflussen ... Thema? Ein Griff in die Geschichtskiste des Tarifwesens und schon zaubern wir die Ortsklassen hervor. Die moderne Variante könnte lauten: Standortzuschläge bzw. -abschläge. Immerhin scheinen sich die Grünen mal mit der Arbeitswelt zu beschäftigen. Wie die Produktionsverhältnisse real aussehen, nicht ihr Ding. Die eigene soziale Lage lässt wohl eine präzisere Betrachtung nicht zu. Damit sind wir auch weit von der Frage nach der Privatisierung von Gewinnen entfernt. Und noch weiter von der Frage des Besitzes und der Verfügungsgewalt an den Produktionsmitteln und der Eigentumsfrage. CHRISTIAN WIESNER-STIPPEL,
Berlin
Sind die Grünen jetzt von allen guten Geistern verlassen? Ohne Flächentarifverträge werden doch nur die Arbeitgeber gestärkt. Der Arbeitnehmer wird weiter geschwächt. Die Sozialpartnerschaft, für die wir weltweit beneidet werden, wäre dann nur noch ein Relikt aus alten Zeiten. Ein Bestandteil unserer Demokratie, das unter der 16-jährigen Bundesregierung Kohl nie gefährdet war. HELMUT FISCHER, Korntal-Münchingen
Auf dem Treffen unseres Arbeitskreises ArbeitnehmerInnen und Gewerkschaftspolitik bei den Grünen des KVs Borken sah es aus wie in einem Pferdestall – nur lange Gesichter.
Nicht nur, dass sich die grüne Fraktionsspitze in Berlin weigert, mit den Gewerkschaften über die Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes zu sprechen, mehr noch, man schlägt den KollegInnen auch noch mit der Niedriglohnofferte kräftig ins Gesicht. Und wenn einem dann noch der Wind der öffentlichen Meinung entgegenbläst, sind auch Rezzos Arme nicht stark genug, um schnell genug zurückzuruden.
Ich frage mich mittlerweile, warum wollen die Grünen den Arbeitgebern so ein scharfes Schwert in die Hand geben? Weiß die grüne Fraktion in Berlin nicht, dass es solche Tarifvertärge zur Beschäftigungssicherung bereits gibt? Will man die Willkür vieler Arbeitgeber, die keinen Betriebsrat in ihren Betrieben haben, gesetzlich Vorschub leisten? [...]
Ist eine Partei, die sich Demokratie in allen Lebensbereichen auf die Fahnen geschrieben hat und deren Spitze es nicht für nötig befindet, den abhängig Beschäftigten in diesem Land eine demokratische Teilhabe an ihrem Arbeitsplatz zuzugestehen, für Arbeiter und Angestellte noch wählbar? [...] RALF BORGERS, Rhede
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