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Lohmann plant Deal mit StaatsanwaltschaftTeilamputationen "im Prinzip illegal"

Mit viel Geld will der weltgrößte Hybrid-Hennen-Hersteller einen Tierquälerprozess abwenden. Die Firma hat Küken Zehen und Kämme teilamputiert.

Hinter dem verschlossenen Tor: Lohmanns Tierzucht. Bild: dpa

HAMBURG taz | Vorerst gestoppt ist der Strafprozess gegen zwei Geschäftsführer der Cuxhavener Firma Lohmann Tierzucht (LTZ). Das Unternehmen ist Weltmarktführer für die Züchtung sogenannter Legehennen-Hybride. Die beiden Chefs, Rudolf P. und Hans-Friedrich F., hätten sich ab 13. April wegen millionenfacher Tierquälerei vorm Amtsgericht Cuxhaven verantworten müssen. Bis Januar wurden männlichen LTZ-Küken Zehen und Kämme teilamputiert.

Einziger Zweck der Quälerei: sie auszusortieren. Denn Hähne gelten der Legehennen-Branche als "Sexfehler", die zu vergasen sind. Firmeninterne Protokolle, die der taz vorliegen, beweisen, dass die Geschäftsführung spätestens seit März 2006 wusste, dass sie damit "im Prinzip illegal" handelte. Dieser Bereich bleibe trotz Kontrollmangels "sehr gefährlich für LTZ", heißt es in den Dokumenten.

"Der Termin für die Hauptverhandlung ist aufgehoben", bestätigte am Mittwoch Gerichtsdirektorin Ingrid Stelling auf Nachfrage. Grund: Die zuständige Staatsanwaltschaft Stade hat einen der beiden Strafbefehle zurückgenommen - vorläufig. "Da ist noch nichts definitiv", so deren Sprecher Thomas Breas. Zu einem Millionendeal, von dem die Nordsee-Zeitung am Mittwoch berichtete, sei es indes nicht gekommen. Zwar gebe es Verhandlungen. Doch diese stünden "noch ganz am Anfang", so der Staatsanwalt.

Strategiewechsel bei der Staatsanwaltschaft

Schon das bedeutet einen Strategiewechsel. Anklage war schließlich nur erhoben worden, weil die Geschäftsführer die im Dezember ausgestellten Strafbefehle nicht akzeptierten. Die nämlich beliefen sich auf mehr als 90 Tagessätze. Damit hätten beide als vorbestraft gegolten. Doch schon im Vorfeld drohte ihr Kampf um den Freispruch zu scheitern: Es zeigte sich, dass die Verteidigung mit einer Geheimstudie der niederländischen Geflügellobby belegen wollte, dass Teilamputationen das Wohlbefinden der Tiere mehrt.

Ein öffentlicher Schuldspruch ist allerdings noch schlechter als ein leiser Eintrag ins Vorstrafenregister. Über einen Deal könnte LTZ gleich beide Übel abwenden. Gelegen käme das vor allem P. Denn der lehrt an der Bayrischen Landesanstalt für Landwirtschaft und ist ein gefragter Tierschutzgutachter.

"Er sitzt in allen relevanten Gremien", so Edmund Haferbeck von der Tierrechtsorganisation Peta, die 2008 die LTZ-Chefs angezeigt hatte. Er gehe fest davon aus, dass nun durch Zahlungen versucht wird, "mit aller Macht Prozess und Vorstrafe zu verhindern". Dass dabei statt der ursprünglich geforderten je 13.000 Euro ein sechsstelliger Betrag fließe, sei anzunehmen.

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10 Kommentare

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  • E
    eva

    Wie imer ist es leicht, auf die profitgierigen Hühnerquäler und die korrupten Gerichte zu schimpfen, die diese Tierquälerei durchgehen lassen.

    Die wahren Verursacher dieses millionenfachen Tierleides aber sind sie nicht.

    Schuld haben vielmehr Sie und ich und alle, die Eier von solchen Hühnern kaufen (oder Produkte, in denen sie verarbeitet sind), und das Fleisch der Tiere essen.

    Das Verbrechen wird an der Kasse der Lebensmitteldiscounter begangen, und an den Tischn der Restaurants und Kantinen, wo Sie und ich diese Dinge kaufen und essen.

    Die Tierquäler und Verbrecher sind wir alle, indem wir durch unser Kaufverhalten Lohmann&Co. unterstützen!

  • EW
    Eckard Wendt, AGfaN e.V.

    Spätestens seit 2007, als die Wissenschaftlerin Thea Fiks - van Niekerk (Wageningen, NL) bei der Frühjahrstagung der "Deutschen Vereinigung für Geflügelwissenschaft" über "Verstümmelungen am Geflügel im System der europäischen Geflügelproduktion" referierte, war der Skandal um illegale Praktiken der Branche öffentlich geworden. Das Referat kann bei Lohmann Tierzucht auf der Homepage in den "Lohmann-Informationen" Vol. 42 (1), April 2007, Page 35 nachgelesen werden unter:

    http://www.lohmann-information.com/content/l_i_42_2007-04_artikel5.pdf

     

    Ich war Teilnehmer und veröffentlichte für die Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung e.V. eine Pressemitteilung mit dem Titel: "Neuer Abgrund von Tierquälerei!" (http://www.openpr.de/news/140786/AGfaN-e-V-deckt-auf-Neuer-Abgrund-von-Tierquaelerei.html)

    Damals versuchte die Geflügelwirtschaft mit Unterstützung von Wissenschaftlern, alles zu verharmlosen, indem der Begriff "mutilation" = "Verstümmelung", den die Referentin gewählt hatte, mit "minimale Eingriffe" übersetzte und so im offiziellen Organ des Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft, der "Deutschen Geflügelwirtschaft und Schweineproduktion" Nr. 18/2007, S.32ff) die verbandsinterne Sprachregelung festsetzte.

    Der Lohmann-Vorgang ist m. E. ein weiterer beweis dafür, wie sehr sich die "Tierindustrie", insbesondere die Geflügelwirtschaft zum Staat im Staate entwickelte. Die Behauptung, es beim Kämme-Abschneiden handele es sich um einen Akt wohlverstandenen Tierschutzes, ist verlogen bis zum Geht-nicht-mehr!

  • D
    Dhimitry

    Wenn ich für einen sechstelligen Betrag millionenfache Tierquälerei betreiben darf, wie viele Kücken darf Otto Normalo dann für 10 Euro quälen?

  • P
    Picho

    Eine der Segnungen des "christlichen Abendlandes" - Tiere haben weder eine Seele noch Schmerzempfinden, so der hl.Thomas von Aquin (Frauen nb. auch nicht...)

    Näheres unter "Der Theologe.de"

  • A
    aka

    Rudolf P. und Hans-Friedrich F. sollen ihr dreckiges Geld behalten! Dafür gibs eine einfach eine gratis Zehenamputation für beide - wo es doch dem Wohlbefinden dient!

  • IS
    Ingolf Spickschen

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    Es kann und darf nicht wahr sein, dass man mit Geld Strafe verhindern kann!Die Umkehrung des schon römisch-rechtlichen Verfassungsgrundsatzes "nulla poena sine lege", der auch nach dem Grundgesetz gilt, besagt doch, dass, wenn eine Strafe nach einer Gesetzesvorschrift fällig ist, sie auch zu verhängen ist!

    Außerdem kann und darf nach unserer Verfassung wohl nicht gelten, dass die Kleinen "gehenkt" und die Großen(weil reichen) mit Zahlungen davon kommen.

    Hier ist die TAZ mit ihrem vorzüglichen Rechtskenner, Herrn Rath,gefordert, Klärung und Abhilfe, ggf. durch Online-Petition, zu schaffen!

  • N
    NaBoHi

    Solange die Verantwortlichen so billig davonkommen, wird sich auch weiterhin ein Schwein finden, das sich die Hände schmutzig macht.

    Warum hier nicht die Höchststrafe angestrebt wird, ist mir vollkommen schleierhaft. Lebensverachtender kann man kaum agieren!

  • CS
    Carola Spiekermann

    Es sollten diesen *Herrschaften* die Füße bei lebendigem Leibe amputiert werden.

    Den Hühnern so etwas anzutun.

    CS

  • JS
    Jens Schlegel

    "Tierschutzgutachter"

    Statt 13 000 ein sechs stelliger Betrag.

    In allen relevanten Gremien.

     

    What the fuck. Ich fühle mich ja öfter mal so, als wolle mich jemand aus der Politik oder Wirtschaft verarschen. Aber das?

  • D
    demian

    Ich möchte brechen!

     

    Weh dem Menschen, wenn nur ein einziges Tier im Weltgericht sitzt.

    -Christian Morgenstern-