Lobbyist der Woche: Gegner des Bildungsurlaubs
„Überflüssig und teuer“: Der Chef des badem-württembergischen Arbeitgeberverbandes wettert gegen freie Tage für die Bildung.
E in Parteibuch hat er nicht, dennoch ist klar, auf wessen Seite Rainer Dulger derzeit nicht steht: auf der der grün-roten Regierung. Der Mittelständler aus Heidelberg ist nicht nur Geschäftsführer eines 2.300-Mitarbeiter-Betriebs, in welchem man Hightechpumpen herstellt, sondern auch Präsident des Arbeitgeberverbands Baden-Württemberg. Und damit spricht er für rund 7.000 mittelständische Betriebe sowie für Konzerne wie Daimler. Und alle sind sauer auf Grün-Rot.
Die Kretschmann-Regierung will nämlich, dass sich Arbeitnehmer künftig fünf Tage pro Jahr freistellen lassen können. Ein Recht auf Bildungsurlaub gilt bereits in zwölf Bundesländern. Im nächsten Jahr vielleicht auch in Baden-Württemberg. „Überflüssig und teuer“, urteilt Dulger.
Die Arbeitgeber haben ausgerechnet, dass es die heimische Industrie 1,3 Milliarden Euro jährlich kosten könnte, wenn alle Arbeitnehmer den Bildungsurlaub nutzen würden. Und nicht, um sich beruflich fortzubilden, sondern im schlimmsten Fall für einen Kurs in Mitbestimmungsrecht beim gewerkschaftlichen Bildungswerk.
Um die Regierung davon wegzulocken, haben Dulger und Co vergangenen Freitag ein Gegenangebot gemacht: einen Pakt für dauerhafte Vollbeschäftigung. Konkret wollen die Arbeitgeber die Plätze für benachteiligte Jugendliche in Betrieben verdoppeln, ebenso die Plätze einer Teilzeitausbildung – etwa für Alleinerziehende –, außerdem mehr Behinderte einstellen.
Aber nur, wenn das Gesetz wieder in den Schubladen verschwindet. Könnte das Kalkül „Tausche Betriebsräte in spe gegen Benachteiligte und Behinderte“ aufgehen? Nein, das Gesetz werde nicht zurückgezogen, sagt ein Sprecher von SPD-Minister Nils Schmid. Aber es werde Ausnahmen geben.
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