: Lob erspart
■ Haushalt im Parlament: Senatorin ist stolz, der CDU ist es peinlich
1977 war Michael Freytag, der Haushaltsexperte der CDU-Fraktion, noch ein junger Springer, hatte gerade das Abitur in der Tasche. Krista Sager, die heutige 2. Bürgermeisterin, studierte Deutsch und Geschichte, und Bausenator Eugen Wagner war noch nicht Bausenator. Das muss also ganz lange her sein, was Freytag da ausgegraben hat: 1977 war das letzte Jahr mit einem komplett ausgeglichenen Hamburger Haushalt, wie der CDU-Mann gestern genüsslich in der Bürgerschaft berichtete. „Danach ging es bergab.“ Was der Senat in Gestalt von Finanzsenatorin Ingrid Nümann-Seidenwinkel (SPD) anders sieht: „Wir können etwas stolz auf diesen Haushalt sein“, liebkost sie den Etatentwurf 2001, den sie gestern ins Parlament einbrachte.
Knapp 18 Milliarden Mark sollen im kommenden Jahr in Hamburg bewegt werden, ein Etat „am Ende eines beispiellosen Konsolidierungskurses“, wie die Senatorin feststellt. Aber noch wird weiter geknapst: Auch im kommenden Jahr werden 800 Stellen im Apparat abgebaut. Und die Ausfälle für Hamburg durch die Steurreform des Bundes in Höhe von mindestens 700 Millionen Mark lässt auch eine stolze Senatorin zu dem Schluss kommen: „2001 wird ein schwieriges Jahr.“ Auch „im Wahljahr verteilen wir keine Geschenke, wir sparen.“ Gelegenheit für die Senatorin, einen ihrer Lieblingsausdrücke einzubringen: „Strikte Haushaltsdisziplin“, die werde auch 2001 gewahrt. Von Kaputtsparen, wie es der Regenbogen dem Senat vorwirft, könne aber keine Rede sein: „Standards und Leistungen werden gehalten.“
Von wegen, sagen da CDU und Regenbogen. Stumm verfolge Rot-grün in Hamburg, wie Rot-grün in Berlin durch die Steuerreform der Hansestadt mindestens 700 Millionen Mark Einnahmenausfälle beschere, mokiert Norbert Hackbusch für den Regenbogen. Während die Stadt „Milliarden-Subventionen im Mühlenberger Loch versenkt“ werde bei der Infrastruktur für Kinder und Jugendliche der Pfennig umgedreht. „Investiert wird nur in teure Landebahnen, große Hallen und riesige Hafenbecken.“ Und für Freytag ist die Etatrede der Finanzsenatorin nur „ein wahrlich beklemmendes Dokument einer an Peinlichkeit nicht mehr zu überbietenden Selbstgefälligkeit“. Peter Ahrens
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