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Litauen hat Angst vor UnruhenGericht verbietet Homo-Parade

In Vilnius hat das Verwaltungsgericht die Homo-Parade verboten - aus Sicherheitsgründen. Es befürchte "öffentliche Unruhen". Der Mitveranstalter will Widerspruch einlegen.

Euphorisch wurde der Beitritt zur EU vor der Kathedrale von Vilnius gefeiert - doch die Toleranz Brüssels gegenüber Schwulen geht manchem Litauer dann doch zu weit. Bild: ap

STOCKHOLM taz | Die für Samstag in der litauischen Hauptstadt Vilnius geplante Gay Pride ist am Mittwoch gerichtlich verboten worden. Das Verwaltungsgericht in Vilnius hob auf Antrag des Generalstaatsanwalts im Rahmen einer einstweiligen Anordnung eine Genehmigung der Stadtverwaltung auf und begründete diese Entscheidung mit "Sicherheitsbedenken".

Die Veranstaltung könne aufgrund zu erwartender Proteste und Provokationen "radikaler Gruppen" zu "öffentlichen Unruhen" führen. Es bestehe die Befürchtung, dass die Ordnungskräfte nicht in der Lage seien, die Sicherheit der vor allem aus den drei baltischen Staaten und Skandinavien erwarteten rund 350 TeilnehmerInnen zu gewährleisten.

Die Entscheidung sei "völlig unverständlich", meint Vytautas Valentinaviius, Chef der "Toleranten Jugendorganisation" (Tolerantisko jaunimo asociacija, TJA), einer der Mitveranstalterinnen der Baltic Pride, gegenüber der taz. Es sei Aufgabe der Polizei, diese Veranstaltung und die demokratischen Rechte der Teilnehmer vor Störern zu schützen. Man werde deshalb Rechtsmittel gegen den Gerichtsbeschluss einlegen.

Die Pride-Parade am 8. Mai unter dem Motto "Für Gleichheit" wäre die erste derartige Veranstaltung in Litauen. Sie ist in der zu 80 Prozent katholischen Bevölkerung äußerst umstritten. Laut Umfragen wollen drei von vier LitauerInnen sie verboten sehen. Mehr als ein Drittel der Abgeordneten hatte versucht, sie vorab zu stoppen. Sie hatten sich auf ein am 1. März in Kraft getretenes neues "Moralgesetz" berufen, das "positive Informationen" über sexuelle Beziehungen und Familienkonstellationen verbietet, die nicht mit der litauischen Verfassung vereinbar seien.

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6 Kommentare

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  • B
    Borstell

    Aber die Türken lässt man nicht in die EU.

    Wenn man sich diesen Mist in Osteuropa mal anschaut, dann merkt man das Gründe wie Menschenrechte nur vorgeschoben sind. Jeder noch so Intolerante darf in Europa mitmachen, Hauptsache er ist Christ.

  • TJ
    Timm Johannes

    Während es im Norden, Westen und Südwesten Europas für homosexuelle Paare im Jahre 2010 gut ausschaut und homosexuelle Paare dort gut leben und arbeiten können, sieht es je weiter man/frau nach Osten und Südosten Europas fährt, schlechter aus.

     

    Dort sind Länder, die bis 1990 keine Demokratie und Bürgergesellschaft kannten, und denen bis heute liberale, grüne oder an Menschenrechten orientierte linke Gesellschaftsgruppen weitgehend fehlen.

     

    Hinzukommt das Litauen ein relativ bevölkerungsmäßig kleines Land im Osten Europas ist. Da muss noch viel an Aufklärungsarbeit und die Bereitstellung von Informationen im Osten Europas laufen, damit die Politiker/Menschen dort begreifen, das Homosexualität eine sexuelle Orientierung ist und homosexuelle Paare zu stützen sind.

     

    Wenn aber bereits Demonstrationen verboten werden, so werden hier massiv EU-Vorgaben und Menschenrechtsbestimmungen in Litauen unterlaufen.

  • L
    Love

    Da ist ja die Türkei noch viel weiter...

     

    aber hauptsache man kritisiert...die Türkei in den deutschen Medien.

     

    das sowas noch innerhalb EU gibt, ist für mich unverständlich.

  • GA
    G A Y ! ! !

    Angst vor Gegendemonstranten ?

    P E I N L I C H !

  • G
    Graecus

    Weils grad zum Thema passt, Elton John wurde die Einreise bzw. das Konzert in Aegypten von der Regierung dort verboten.

    Schätze mal für eine Gleichbehandlung/Akzeptanz müssen die Homosexuellen noch lange kämpfen.

  • D
    DiversityAndEquality

    Oh wunderbar,

     

    mitten in Europa dürfen also elementare Freiheits- und Menschenrechte weiterhin mit Füßen getreten werden, und der taz fällt nichts Besseres ein, als Meinungsumfragen zu zitieren, um diese verbrecherischen Verhältnisse auch noch irgendwie zu rechtfertigen.

     

    Langsam frage ich mich, ob ich als Schwuler hier noch auf der richtigen Seite bin. Bei jeder anderen historisch verfolgten und bis heute massiv diskriminierten Gruppe, noch dazu einer Opfergruppe des Nazi-Terrors, würde auch die taz ihre übliche Empörung heucheln, aber hier wird einfach nur ganz pseudo-neutral die Propaganda dieser Faschisten wiedergegeben. Und die EU sieht weiterhin tatenlos zu.