Linken-Abgeordnete über Flüchtlings-Großsiedlungen: „Integration ist Arbeit“
Eine Initiative gegen große Flüchtlingssiedlungen hat ihre Berechtigung, findet Christiane Schneider von der Linken: Die Bürger müssten einbezogen werden.
taz: Frau Schneider, wie lange sollen die Flüchtlinge noch in Containern und Zelten hausen?
Christiane Schneider: In Zelten keinen einzigen Tag mehr; Container abzuschaffen, wird sicher länger dauern und es wird auch auf längere Sicht unmöglich sein, Container in der Erstaufnahme völlig abzuschaffen.
Trotzdem unterstützt Die Linke die geplante Volksinitiative gegen den Bau großer Folgeunterbringungen.
Dass wir die unterstützen, würde ich so nicht stehen lassen. Wir haben in den Hauptzielsetzungen Übereinstimmungen. Die Volksinitiative setzt sich für dezentrale Unterbringung ein. Dafür haben wir immer gekämpft. Es ist problematisch, wenn viele Leute mit ähnlichen Problemlagen auf engem Raum untergebracht werden. In Wohnungen, die auf zwei bis drei Menschen ausgelegt sind, werden zunächst fünf Leute wohnen.
67, ist seit 2008 Abgeordnete der Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft. Sie wurde durch die 68er-Bewegung politisiert.
Ist das nicht besser, als in Containern zu wohnen?
Natürlich: Wir brauchen eine große Anzahl neuer Plätze und die sollen Wohnungen so ähnlich wie möglich sein. Der Bedarf wird von der Volksinitiative vielleicht unterschätzt. Und man muss von Anfang an die Integration der Flüchtlinge ins Auge fassen.
Ist es realistisch, 5.600 Flüchtlingswohnungen dezentral zu errichten?
Der Senat muss im sozialen Wohnungsbau nicht nur kleckern, sondern klotzen. Geplant hat er in jedem Bezirk einen Standort mit 800 Wohnungen. Das hat sich geändert, weil es in den Bezirken Widerstand gab: Inzwischen hat Wandsbek drei Standorte, Eimsbüttel hat drei Standorte, auch in Bergedorf wurden von der Bezirksversammlung mehrere Standorte genannt. Geplant ist aber ein Standort am Mittleren Landweg, wo es außer einem S-Bahn-Anschluss nichts gibt.
Der Mieterverein sagt, 800 Wohnungen seien keine Großsiedlung.
Sicher entspräche das nicht Mümmelmannsberg oder Jenfeld. Die entscheidende Frage ist, wie ein Standort in die Umgebung integriert wird. Welche Infrastruktur wird errichtet? Das ist schwierig an Standorten wie dem Öjendorfer See oder Neugraben-Fischbek, am Stadtrand, wo wenige Leute leben.
Die Initiative will auch Bürgerbeteiligung.
Wenn es keine Bürgerbeteiligung gibt, fällt das dem Senat auf die Füße. Jetzt haben sich mehrere Bürgerinitiativen für die Volksinitiative zusammengeschlossen. Was der Senat versäumt hat, eine angemessene Bürgerbeteiligung, das holen sich die Leute jetzt.
Haben wir die Zeit dafür, wenn sich die Flüchtlinge auf den Füßen stehen?
Wenn man auf 30 Jahre hinaus plant, ist es nötig, die Bürger von Anfang an einzubinden. Integration ist Konfliktbewältigung. Wenn die Bürger, die diese Arbeit leisten müssen, nicht eingebunden werden, geht es schief. Wir müssen heute Plätze schaffen, aber dabei vermeiden, Probleme von morgen zu erzeugen.
Wie könnte so eine Beteiligung aussehen?
Wichtig wäre es, dort schnell zu bauen, wo es unstrittig ist, und dass man sich in den anderen Fällen schnell zusammensetzt und ernsthaft spricht. Von den Bürgerinitiativen erwarte ich, dass sie anerkennen, dass geklotzt werden muss.
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