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Linke Geschichte"Sozialistischer Streichelzoo?"

Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) will das Marx-Engels-Denkmal in Mitte loswerden. In der Landespolitik will das freilich nicht mal die CDU.

Seit 1986 überblicken die Bronzefiguren der beiden sozialistischen Vordenker Karl Marx und Friedrich Engels die Freiflächen zwischen dem Roten Rathaus und der Spree. Geht es nach Bundesbauminister Peter Ramsauer, soll sich das im Zuge des 2013 beginnenden Wiederaufbaus des Stadtschlosses ändern. Der CSU-Politiker schlug am Mittwoch in der Morgenpost vor, das Denkmal aus Mitte zu verbannen und auf den Gedenkfriedhof nach Friedrichsfelde umzusiedeln. "Das ist ja so eine Art sozialistisches Restezentrum." Die Idee stößt bei Landespolitikern allerdings auf einhellige Ablehnung. Für sie steht fest: Marx bleibt sitzen, Engels stehen!

"Ein Vorschlag, das Marx-und-Engels-Denkmal nach Friedrichsfelde umzusetzen, ist ebenso erstaunlich, wie es geschichtsvergessen ist: Berlin hat eine bewegte Geschichte und ist eine aufgeschlossene Metropole, hier passen auch Schloss und Denkmal nebeneinander", erwidert Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) in selbiger Zeitung. Es sei allerdings notwendig, beim Bau des Humboldt-Forums in Gestalt des ehemaligen Stadtschlosses auch dessen Umfeld neu zu gestalten. Dazu will Müller im Sommer auch einen Ideenwettbewerb ins Leben rufen. Die Skulptur soll dennoch an ihrem Platz bleiben.

Auch Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD) lehnt Ramsauers Vorschlag ab. Zwar sei der Wiederaufbau der Altstadt eine große städtebauliche Aufgabe, "bei einer Neugestaltung dieses Gründungsortes der Stadt Berlin hat das Marx-Engels-Denkmal jedoch als Zeugnis einer ganz bestimmten Geschichtsepoche eine würdige Aufstellung zu erfahren", so Schmitz. "Eine Auslagerung nach Friedrichsfelde, um aus der dortigen Gedenkstätte eine Art sozialistischen Streichelzoo zu machen, kann hier nicht die richtige Antwort sein."

Auch die Oppositionsfraktionen verbitten sich eine Einmischung Ramsauers in die Berliner Landespolitik. Die Grünen-Stadtentwicklungsexpertin Antje Kapek warf dem Bundesbauminister "blanken Populismus" vor. Sein Vorschlag zeige, dass er "keine Ahnung von Berlin" habe. Die Stadt lebe von Brüchen und einer bewegten Geschichte. Ramsauer solle sich besser um seine eigentlichen Hausaufgaben kümmern. So müsse etwa um den Hauptbahnhof herum endlich ein urbanes Stadtviertel entstehen. Der Chef der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf, betonte, das Denkmal gehöre zur Stadtmitte wie das Rote Rathaus und der Fernsehturm.

Auch der Vorsitzende des Verkehrsausschusses Manuel Heide (CDU) erteilte Ramsauers Vorschlag eine Absage: "Das Denkmal ist Teil der Historie der Stadt." Zwar sei eine Umsiedlung des Denkmals in die Nähe des Tränenpalasts denkbar; "so hätte man Theorie und Praxis des Sozialismus an einem Ort", scherzte er. Dieser Vorschlag sei aber so aussichtsreich wie der des Bundesbauministers.

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9 Kommentare

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  • F
    fischflop

    Selbst als Jahrgang '84 tuts mir immer wieder in der halbost- halbwestdeutschen Seele weh, wie deutsche Vergangenheit der letzten 60 Jahre für eine mit 200 Jahre altem Bart weichen muss...Da stimme ich vor-Kommentator_innen Peter und Hans zu: es ist einfach nur schade, wie DDR-Bauten und Stadtstücke immer mehr aus dem Stadtbild verschwinden und so jene Vergangenheit aus dem Stadtgedächtnis gedrängt wird. Im Sinne Foucaults sind sie Dispositive, diskursive Zeitzeugen, die durch eine kritische Auseinandersetzung mit ihnen zum deutschen Geschichtsdiskurs beitragen müssten - als Mahnmal, Ort der Erinnerung, Forum etc...

     

    Und Ja: wenn's um Stadtbildveränderung gehen soll, dann streicht doch mal bitte alle Straßennamen kolonialer Massenmörder und benennt sie in zB afrodeutsche Größen um, wie es nach viel Engagement bereits mit dem May-Ayim-Ufer geschah.

     

    ps: Marx und Engels waren nicht nur bemerkenswerte Ökonomen, sondern jenseits dualistischer Kapitalismus-Kommunismus-Debatten geniale Philosophen. Keep it up!

  • R
    Rainer

    Wenn ihm unsere Berliner Denkmäler nicht gefallen, soll er doch nach Bayern zurückgehen!

  • W
    Weinberg

    Der hochverehrte Herr Bundesminister Peter Ramsauer kommt bekanntlich aus dem tiefsten Oberbayern und wohnt dort hinter den Bergen bei den kleingeistigen Zwergen. Ist der Geist des Müllermeisters in die Mahlsteine geraten?

     

    Der Herr behüte die Deutschen vor diesem Ober-Bayern, bei dem es sich obendrein um einen treuen Gefolgsmann des Ratzinger Sepp handeln soll. Letzterer hält naturgemäß ebenfalls nichts von Marx und Engels.

     

    Es soll aber auch aufgeklärte Menschen geben, die von den beiden Ur-Bayern nichts halten!

  • F
    flopserver

    Lieber ein Denkmal für Peter Ramsauer & Michael Müller

    Das sind doch jetzt die beiden Tempo,Tempo-Knüller!

    Ob Berliner Haupbahnhofsanierung, S-Bahn oder A100,

    bei der Stadtentwicklung den Berliner nichts mehr wundert.

    Diese beiden zicke – zacke,

    vermeiden emsig die Berliner Hundekacke.

    Denn wie fleißig die Köter auch auf die Gehwege scheißen,

    soll es in Zukunft doch nicht mehr heißen:

    Peter und Michael “machten beide,

    Als sie lebten, keinem Freude:

    Bildlich siehst du jetzt die Possen,

    Die in Wirklichkeit verdrossen,

    Mit unbehaglichem Gekicher,

    Weil du selbst nicht vor ihnen sicher.

    Aber das bedenke stets:

    Wie man’s treibt, mein Kind, so geht’s.”

    Und wenn das Streitpaar dann auf’n neuen BER rumst,

    und dabei auch manch ein T-Eisen bumst,

    denkt bei ihnen bald keiner mehr lustlos sinister

    an den großen und kleinen Stadtentwicklungsminister.

     

    (Zitat nach Wihlem Busch.)

  • FI
    Felix Ignotus

    der hinweis auf die bayerischen karl-marx-str. ist gut. vielleicht sollte man ramsauer anbieten, alle bayerischen karl-marx-str. nach berlin zu verlegen. *zwinker*. man könnte damit alle straßen im umfeld der gedenkstätte der sozialisten umbenennen. *erneutzwinker*

  • L
    loggo

    Auch in Bayern gibt es Karl-Marx-Straßen ....

  • GN
    Graf Nitz

    Ich bin sicher, ein paar Arno-Breker-Statuen könnten ebenfalls zum "bewegten Stadtbild" beitragen.

  • D
    dop

    Manuel Heide (CDU): "Zwar sei eine Umsiedlung des Denkmals in die Nähe des Tränenpalasts denkbar; "so hätte man Theorie und Praxis des Sozialismus an einem Ort", scherzte er.

     

    Da hätte ich auch ein paar Vorschläge: Auswärtiges Amt, BND und Verfassungsschutz nach Sachsenhausen und unsere Berliner Tafeln neben die Parteizentralen unserer Kapitalistischen Blockflöten von CDU, SPD, FDP & GRÜNEN ;)

  • K
    Klaus

    Marx Engels Denkmal endlich weg?

     

    Wie kommen Sie darauf, daß das niemand freut?

     

    Mich und ich glaub da sind noch ganz viele andere.

     

    Weg damit