Linke-Abgeordnete Monika Knoche: "Meiner Partei fehlt die Vision"
Die Linken-Abgeordnete und Ex-Grüne Monika Knoche kritisiert, dass ihre Partei zu sehr auf SPD und Gewerkschaften fixiert sei - und zu wenig für Ökologie und Frauen übrig habe.
war Mitbegründerin der Grünen, trat aber wegen einer als zu neoliberal empfunden Politik und der Zustimmung zum Afghanistaneinsatz aus und ging zur Linken.
taz: Frau Knoche, Ihr Landesverband Sachsen hat Sie nur auf einen hinteren Listenplatz gewählt. Vielleicht kommen Sie nicht mehr in den Bundestag. Der Ex-Grüne Wilfried Telkämpfer ist mit seiner Kandidatur fürs Europaparlament gescheitert. War der Wechsel von Grünen zur Linken ein Irrtum?
Monika Knoche: Beides sind keine guten Zeichen. Ich bin überzeugt, dass linke Grüne beim Aufbau einer neuen linken Partei wirklich etwas beisteuern können. Die Linkspartei muss, wenn sie eine konjunkturunabhängige Zukunft haben will, auch jenseits des gewerkschaftlichen Milieus Wurzeln schlagen. Das gilt in West wie Ost, wird aber noch nicht von allen verstanden.
Ist die Linkspartei für ökologische Orientierte wählbar?
Doch, durchaus. Es sind ökologische, feministische und emanzipatorische Ansätze vorhanden. Darüber hinaus ist Die Linke eindeutig eine Friedenspartei - und daher gerade für linken Grüne attraktiv. Das Problem ist, dass Nachhaltigkeit und Feminismus nie im Vordergrund stehen. Dafür gibt es eine einseitige Fixierung auf die alte Verteilungsfrage, die auf Produktivität und Wachstum fußt. Wir müssen die Ökologie und Demokratie in der Wirtschaft stärker betonen.
Und damit soll die Linkspartei in der Krise punkten?
Ja. Deshalb haben die Grünen doch bei der Europawahl so gut abgeschnitten. Für Jüngere und das von 68er Ideen geprägte Milieu ist die Linkspartei noch nicht attraktiv genug. Es reicht nicht, nur auf Gewerkschaften zu setzen, sich an der SPD abzuarbeiten und sich die alte Bundesrepublik zurückzuwünschen. Die Vision einer ökologisch, sozialen Erneuerung fehlt.
Die Linkspartei ist jetzt zwei Jahre alt. Welche Bilanz ziehen Sie?
Die Linkspartei war das Versprechen, dass sie wirklich etwas Neues wird. Bis jetzt besteht sie aber noch viel zu sehr aus Flügeln und Strömungen. Die Fraktionierung ist eine alte Krankheit der Linken. Und das Personalangebot ist für Frauen unattraktiv.
Ist Ihre Kritik die Folge Ihrer Niederlage in Sachsen?
Nein. Ich habe auf dem Parteitag eine viel bejubelte Rede gehalten und bin nur wegen der Kungelei der Flügel auf Platz 9 gelandet. Solche Flügelkämpfe habe ich auch 26 Jahre lang bei den Grünen ertragen. Meine Vorstellung von politischer Kultur schließt das Risiko ein, wegen Unabhängigkeit Niederlagen in Kauf zu nehmen. Insofern ist diese Kritik keine Reaktion auf die Entscheidung meines Landesverbandes, sondern ein konstruktiver Beitrag.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste