Liga am Investoren-Tropf

EISHOCKEY Die Hannover Scorpions gibt es nur noch, weil ein Bauunternehmer in sie investiert

Auf eine Fusion mit ihrem Nachbarn Hannover Indians haben die Scorpions keine Lust

Auf den ersten Blick sieht alles ganz furchtbar aus. Die Hannover Scorpions sind schon wieder Tabellenletzter der Deutschen Eishockey-Liga (DEL). Gerade einmal 2.700 Zuschauer wollten am Freitagabend ihr erstes Heimspiel der neuen Saison gegen den niedersächsischen Rivalen Grizzly Adams Wolfsburg sehen. Der Funke, so hat es Sportdirektor Marco Stichnoth zur 1:2-Niederlage formuliert, sei noch nicht übergesprungen.

Das Image eines Vereins, der vor zwei Jahren deutscher Meister war, hat unter hausinternen Querelen und Sparmaßnahmen so gelitten, dass die Zuschauer skeptisch geworden sind. Und trotzdem sollten alle Beteiligten froh sein, dass die Scorpions der DEL schon seit 1996 angehören und sich alle Mühe geben, nicht insolvent zu werden.

Das Vorhaben, in der DEL 14 Mannschaften nach amerikanischem Vorbild möglichst häufig in möglichst modernen Arenen antreten zu lassen, ist mit großen finanziellen Problemen für die Klubs verbunden. Die Scorpions gibt es im Grunde nur noch, weil sie der millionenschwere Bauunternehmer Günter Papenburg finanziert. Der Mäzen möchte die unter seiner Regie zur Expo 2000 errichtete TUI-Arena mit Leben füllen und investiert deshalb kontinuierlich in das Verlustgeschäft Eishockey.

Es gilt als verbrieft, dass Papenburg mit einem russischen Investor verhandelt. Der Bau- und Öl-Multi Sergej Egorow prüft offenbar einen Einstieg in Hannover. Papenburg möchte den Verein nicht mehr allein finanzieren und hat den Etat auf 4,2 Millionen gesenkt. Die Scorpions brauchen mehr Geld, um wieder mehr Spiele zu gewinnen. Ob Überweisungen aus Russland aber wirklich wieder mehr Fans zum Eishockey in die TUI-Arena locken könnte, bleibt fraglich.

Was die Abhängigkeit von externen Geldgebern betrifft, könnte es schlimmer sein. Den Eisbären Berlin und den Hamburg Freezers geht es in der DEL nur deshalb gut, weil sie am Tropf der Anschutz Entertainment Group hängen. Über den international tätigen Sportinvestor und -vermarkter geht allerdings das Gerücht um, dass sein Firmenimperium zum Verkauf steht.

Während sich der deutsche Rekordmeister Eisbären Berlin – am gestrigen 6. Spieltag Gastgeber der Hannover Scorpions – also im Würgegriff des internationalen Großkapitals befindet, sind die Niedersachsen lediglich von den Launen eines national erfolgreichen Baulöwen abhängig. Der 73 Jahre alte Papenburg sucht verzweifelt nach Sponsoren und Gesellschaftern, um die Last der roten Zahlen auf mehrere Schultern zu verteilen.

Denn auf eine Fusion mit ihrem kleinen Nachbarn haben die Scorpions keine Lust. Die Hannover Indians, die im altmodischen Stadion am Pferdeturm in der 2. Bundesliga spielen, leben von ihrem Kultcharakter und locken zu ihren Heimpartien mindestens genauso viele Zuschauer wie die Scorpions an.

Gernot Trickpe, Ligenleiter der um Fans kämpfenden DEL, spricht sich für eine Fusion der beiden Vereine aus – was nur daran liegen kann, dass er deren Befindlichkeiten nicht verinnerlicht hat. Die Indians werfen den Scorpions vor, dass ihnen der Kommerz wichtiger als der Kult sei. Und die Scorpions flirten lieber mit einem russischen Geldgeber als mit ihrem aufmüpfigen, chronisch klammen Nachbarn.  CHRISTIAN OTTO