: Lieblingswort architektonische Barbarei
■ Elbschloß-Brauerei schließt / Zwist über Nutzung des Sahnestücks an der Elbe
Ab Freitag wird kein Tropfen Bier mehr aus den Zapfhähnen der Elbschloß-Brauerei fließen. Ratsherrn Pils wird es weiterhin geben, allerdings statt im edlen Nienstedten künftig direkt auf dem Kiez in der Bavaria-Brauerei hergestellt. „Die Verluste waren zu hoch. Da bot es sich an, die Produktion nach St. Pauli zu verlagern“, sagt der Sprecher der Dortmunder Brau und Brunnen AG, die beide Hamburger Brauereien aufgekauft hat.
Teile der Verwaltung bleiben bis Anfang 1996 in den alten Räumen; zwei Drittel der rund 100köpfigen Belegschaft werden übernommen. Den anderen Beschäftigten bleibt der Umzug erspart, „Altersruheregelungen“ und „Sozialverträge“ machen's möglich, beschönigt die Bavaria-St. Pauli-Brauerei.
Viel mehr als Entlassungen beschäftigt die neuen Herren, wie das 54 Hektar große Gelände künftig genutzt werden soll. Hauptstreitpunkt ist die neue Mälzerei, ein Koloß aus Backstein, durch dessen Nähe das Elbschlößchen fast erdrückt wird. Während die Kulturbehörde die Mälzerei als Industriedenkmal unter Schutz stellen möchte, sieht Egbert Kossak, Oberbaudirektor in der Stadtentwicklungsbehörde, im Geiste schon die Abrißbagger anrollen. Der Mälzerei kann er gar nichts abgewinnen: „Dem sein Lieblingswort ist architektonische Barbarei“, weiß Brau- und Brunnen-Sprecher Bernd Weber aus mehreren Verhandlungsgesprächen.
Noch ist das Gelände, ein städtebauliches „Sahnestück“ am Anleger Teufelsbrück, nämlich fest in Dortmunder Hand, und „im Moment verkaufen wir es nicht“, sagt Weber. Zunächst müsse mit der Stadt geklärt werden, was sie mit dem Gelände „eigentlich will“. Den Mälzerei-Abriß befürwortet Weber auch. Wenn es nach Kossaks Plänen geht, sollen anschließend 60 bis 80 freifinanzierte zwei- oder dreigeschossige Stadtvillen entstehen. Auch Büroraum für Anwaltskanzleien, die nach dem Einzug des benachbarten UN-Seegerichtshofs erwartet werden, sei denkbar. Dazu müßte aber der Bebauungsplan – er weist das Grundstück als Industriegebiet aus – geändert werden. „In absehbarer Zeit wird ein städtebaulicher Wettbewerb mit vier bis sechs Architekten durchgeführt und öffentlich vorgestellt“, erklärt Stadtentwicklungsbehörden-Sprecher Bernd Meyer. Für das derzeit leerstehende Elbschlößchen selbst gibt es auch schon Pläne: „Dort könnte ein Museum rein.“
Da wundert sich allerdings Bernd Weber, wer denn das bezahlen solle: „Uns hat die Stadt Hamburg jedenfalls noch nicht gefragt, ob wir ihr ein Museum schenken wollen.“ Heike Haarhoff
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