■ Liebesexotik: Wenn Deutsche Türkinnen lieben
Dreams come true. Lassen Sie sich vom Fischer Verlag ins Reich der multikulturellen Sinne verführen, und lesen Sie türkisch-deutsche Liebesgeschichten. Schon Titel wie „Fatum“ und „Kismet“ lassen Schicksalsgewalten erahnen, die Fotos dunkelhaariger Orientalinnen auf dem Cover verheißen exotische Sinnlichkeit. Tut sich da ein neues Genre der Literatur auf?
Daß die Kombination von schwarzlockigen, dunkeläugigen orientalischen Schönheiten und blonden, starken, zivilisationsdurchtränkten deutschen Helden den Stoff bildet, aus dem die multikulturellen Märchen sind, wußten wir zwar schon seit Hark Bohms „Yasemin“. Aber irgendwie war das zu fade, zu harmonisch. Ein aufgebrachter türkischer Vater, eine rebellierende Tochter, die mit diesem Sympathiebündel von einem deutschen jungen Mann durchbrennt – nun gut. Waren da auf der Schule nicht Jürgen und Ayse, und Ayse durfte nie mit Jürgen und den anderen in die Zeltferien, wegen ihres Vaters? Nein, da fehlt doch was. Dafür geht Michael Mamitza aufs Ganze: „Ein stechender Schmerz durchfuhr meinen Körper bis in die kleinen Zehen! Bevor ich überhaupt begreifen konnte, was geschah, schoß das Ende des Ledergürtels, den mein Vater in seiner rechten Hand fest umschlungen hielt, erneut auf mich nieder!“ Schon besser. Die Geschichte von Filiz, der 23jährigen Türkin, die in Deutschland lebt und von ihrem Vater „gegängelt, verprügelt und gedemütigt wird“, so der Klappentext, übertrifft unsere kühnsten Träume: Eine Türkin, die vom Vater geschlagen wird, kennt jeder. Aber wer kennt schon die Details mit dem Ledergürtel? Zum Schluß wird sie noch ertränkt, und wäre da nicht ihr Geliebter, Klaus, deutscher Gefängnissträfling, dann ... Noch ärmer dran ist Fatima aus „Kismet“, die nicht nur Frau und Türkin, sondern obendrein auch noch querschnittsgelähmt ist. Was sie nicht daran hindert, sich bis zum basic instinct moment mit ihrem körperunversehrten deutschen Retter seitenlang selbst zu befriedigen. Aufregend, diese Orientalinnen!
Mit diesen Büchern hat der Verlag nach einer engagierten Anthologie zum Thema „Schwierige Fremdheit“ nun endlich ins Schwarze getroffen. Weitab vom getragenen Ernst multikultureller Debatten stimmt Mamitzas türkisch-deutsche Liebesakrobatik mit ihren hieb- und stichfesten Türkenbildern den neuen Ton an. Der Autor, wohlgeübt in Grenzerfahrungen (Fremdenlegion, seit 1987 wegen Totschlags in Haft), schlüpft in die geopferten Türkinnen und erzählt, welche Feuer in ihnen brennen.
Vielleicht lesen wir demnächst bei Fischer die Bekenntnisse des Lars C. aus Solingen: „Heiße Nächte mit Hatice“.Karin Yeșilada
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