Liebeserklärung: Ulf Poschardt
Stefan Aust hat die Welt-N24-Redaktion verunsichert. Sein Nachfolger soll nun für mehr Spaß am Arbeitsplatz sorgen
Kaum war Ulf Poschardt als neuer Chefredakteur in Springers WeltN24-Gruppe installiert, konnte man beim Branchendienst Meedia lesen, wie die Rolle seines Vorgängers Stefan Aust zukünftig wohl aussehen würde: „Aust, so ist zu erwarten, wird weiterhin der auch nach außen sichtbarste und einflussreichste politische Kopf des Blattes bleiben“, stand da.
Warum? „Der 70-Jährige ist ein politischer Kopf, der die gesellschaftlichen Vorgänge scharf und schonungslos analysiert.“ Und: „Im Rekordtempo, nichts Anderes ist man von Aust gewohnt, hatte der Interims-Chefredakteur eine Strukturreform auf die Rampe gebracht, die auch die Sparmaßnahmen beinhaltete, die der Springer-Vorstand gefordert hatte.“ Rund 50 Arbeitsplätze seien „nahezu geräuschlos abgebaut“ worden. Das liest sich so, als habe Aust den Artikel selbst verfasst. Hat er natürlich nicht; die Infos kommen allerdings „von Insidern“.
Es müssen Insider sein, die sehr wenig hörten, wenn sie den Stellenabbau für geräuschlos hielten, und wenn sie den Applaus nicht wahrnahmen, der aufkam, als Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner in dieser Woche vor versammelter Mannschaft verkündete, dass von nun an – nach acht Monaten Interimstätigkeit – nicht mehr Aust, sondern Poschardt die operativen Geschäfte führen werde.
Poschardt ist die Hoffnung. Dem 49-Jährigen wird zugetraut, die Redaktion zu befrieden – auch wenn er sich nach außen nicht vernehmbar gegen die Sparmaßnahmen gewehrt hat. Und ebenso wenig gegen die von RedakteurInnen als entwürdigend wahrgenommene Art der Gespräche mit der Chefredaktion. Der Franke gilt als zugänglich, offen, nah dran an der Redaktion. Die Springer-Menschen, nach acht Monaten Aust ziemlich verunsichert, muss Poschardt nun wieder aufrichten, wenn er jenes Ziel erreichen will, das er an seinem ersten Tag als Chef ausgab: dass die MitarbeiterInnen Spaß haben bei der Arbeit.
Bei dieser Aufgabe kann ein bisschen Liebe von der anderen Straßenseite nicht schaden. Jürn Kruse
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