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Lieber doch Krankenschwester...

■ Markt der Berufe an der GSW: Mercedes wirbt erfolglos um Mädchen

In der Eingangshalle der Gesamtschule West (GSW) laufen viele SchülerInnen mit einem merkwürdig gefalteten Metallstück in der Hand herum – eine selbstgebastelte Buchstütze mit angebauter Uhr, wie sich auf Nachfragen herausstellt. In der GSW ist heute „Markt der Berufe“, und gebastelt wurde am Mercedes-Stand.

„Wir haben einen kleinen Teil unserer Werkstatt hier aufgebaut, um den Schülern zu zeigen was Lehrlinge bei uns in der Ausbildung machen“, erklärt Mercedes-Ausbildungsmeister Michael Meyer. „Wir wollen gerne mehr Mädchen motivieren, sich zu bewerben. Zur Zeit sind es im gewerblich-technischen Bereich nur acht Prozent.“ Das sei ein wichtiger Grund, sich an dem Berufe-Markt zu beteiligen, denn trotz einer Extra-Broschüre für Mädchen, ist es nach wie vor schwierig, ihr Interesse für Technisches zu wecken.

„Es ist wirklich verrückt, in den Betrieben sind die Vorurteile gegen Mädchen in technischen Berufen abgebaut, und sie versuchen gezielt Mädchen anzuwerben, und die wollen einfach nicht“, sagt auch die Initiatorin des Berufe-Marktes, Marianne Berger, Lehrerin an der GSW.

Für sie ist klar, daß Mädchen und Jungen sich in erster Linie an ihren Eltern orientieren und deren Weltbild übernehmen. Dazu gehört auch die geschlechtstypische Aufteilung der Berufe. Nach den Erfahrungen der LehrerInnen an der GSW wählen die Jugendlichen ganz selten einen untypischen Beruf. Marianne Berger ist etwas ratlos: „Es ist zum Verzweifeln, wir reden und arbeiten viel mit den Mädchen, aber sie wollen nach wie vor ins Büro oder als Krankenschwester arbeiten.“

Letzteres ist auch der Wunschberuf von Zxenia Dacuno. Angesprochen auf die selbstgebastelte Buchstütze, die sie gerade selbst herstellt hat, meint sie nur: „Technik finde ich langweilig, eine Ausbildung in dem Bereich kann ich mir überhaupt nicht vorstellen“ – was die Azubis von Mercedes so schade fanden, daß sie sich zum Abschied mit ihr fotografieren ließen.

Auch die anderen Mädchen konnten sich weder vorstellen, als Lackierin noch als Zerspanungsmechanikerin zu arbeiten. Judith möchte Rechtspflegerin werden, Stefanie entweder Reise- oder Bankkauffrau, nur Vera liegt mit ihrem Wunsch Kamerafrau nicht im Trend.

„Wir weisen die Mädchen immer wieder darauf hin, daß bei uns fast alle Azubis übernommen werden und daß das Gehalt viel höher ist, als im Büro“, erklärt Ausbildungsmeister Wolfgang Petersen von Mercedes. Aber das finanzielle Argument erklären die Mädchen zur Nebensache, wichtig sei doch allein, daß es Spaß mache. Für den Ausbildungsmeister ist diese Argumentation nicht ganz nachzuvollziehen. Er vermutet, daß die Mädchen etwas ablehnen von dem sie gar keine genaue Vorstellung haben. Daran ändert letztendlich auch ihr guter Wille und der Stand auf dem Markt der Berufe nichts.

Für die LehrerInnen an der GSW ist klar, daß sich ohne die Unterstützung der Eltern auch künftig nichts ändern wird. Aber das Interesse ist gering. „Wir haben alle Eltern der Acht- und Neuntklässler angeschrieben und außerdem in den Tageszeitungen auf die Veranstaltung hingewiesen, aber es ist niemand gekommen“, beschreibt Marianne Berger etwas resigniert die Situation. Die LehrerInnen haben die Erfahrung gemacht, daß zu Hause über die Berufswünsche der Kinder nicht geredet wird und die Kinder selbst oft nur wissen, wo ihre Mutter oder ihr Vater arbeiten, aber nicht, was sie dort eigentlich tun.

Gudrun Kaatz

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