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„Liebe taz...“ Für eine faire Kritik von Jugendtheater

Betr.: „Tauchstation“, taz vom 8.10.1999

Nichts gegen eine fundierte Kritik, aber wenn zum Schluss auch noch dem Publikum unterstellt wird, es habe bloß so begeistert applaudiert, weil es zum Teil jugendlich und mit den Darstellern befreundet war, ist das nur noch ärgerlich und unprofessionell. Im Gegensatz zur taz haben wir ZuschauerInnen jedenfalls verstanden, dass die Bauarbeiter in dem Stück keine „Pausenclowns“ darstellen, sondern einen Teil der „Heldin“ Katja: Sie errichten das Zimmer, in das sie sich zurückzieht, hindern Freunde durch Absperrungen am Zutritt und demontieren die Wände der Isolation wieder, als Katja sich entschließt, die Welt draußen wahrzunehmen. Ein genialer Einfall, finde ich.

Auch wurde die Geschichte durch die vielseitigen Video-Einspielungen nicht „ein wenig aufgepeppt“, sondern sie waren deren gleichberechtigter Bestandteil. Die SchauspielerInnen habe ich als souverän in ihren Rollen erlebt, für Amateure zum Teil sogar herausragend und kein einziges Mal „peinlich“ oder „irritiert“. Der Sänger der Life-Band sah dem aus dem Musik-Clip nicht nur „von hinten ähnlich“, er war es unverkennbar selbst. Der Clip war so gut und einfallsreich gemacht, dass die taz ihn gar nicht erst als Eigenproduktion der Schlachthof-Gruppe akzeptiert hat. Und das Bühnenbild bestand nicht aus „Pappmaché“, sondern aus poliertem Stahl und riesigen Leinwänden. Mit Brille wäre das nicht passiert.

Oder liegt's daran, dass jemand sich auf Kosten der Realität mit einem Verriss profilieren wollte? „Pappmaché“ klingt so schön billig! Gut, dass ich dies alles erst später gelesen habe, sonst hätte ich wohl kaum Lust gehabt hinzugehen. Die Kulturredaktion, die eine faire Kritik des gleichzeitig stattfindenden Jugendtheaters „Best“ veröffentlichte, sollte sich um ihre Glaubwürdigkeit Sorgen machen, wenn sie bei vergleichbaren Produktionen so unterschiedliche Maßstäbe anlegt und darüber hi-naus noch nachweislich falsche Angaben macht. Ulrike Wache

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