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Archiv-Artikel

theater Liebe als harte Beziehungsarbeit

Ach, die Liebe. Mit ihr hat uns das romantische Zeitalter ein echtes Ei gelegt. Seit damals gilt sie zu Unrecht als die Friedenstaube unter den Gefühlen: ein zärtliches kleines Vögelchen, das auf sanften Schwingen heran segelt, sich in unsere Herzen stiehlt und dort kuschlige Wärme verbreitet. Gegen solch gefährliche Verharmlosung wendet sich das Kölner Theater der Keller. Die Neuinszenierung von Shakespeares „Sommernachtstraum“ führt ohne Gnade vor, dass Liebeszauber vor allem eins bedeutet: jede Menge Stress.

Denn wie in einem Schmachtfetzen geht es unter Meinhard Zangers Regie nicht zu, eher wie in der Nachmittags-Talkshow oder beim Schlamm-Catchen. Alle streiten sich: Elfenkönig Oberon und seine Königin Titania haben Krach wegen eines holden Knäbleins, diverse Verliebte prügeln sich um die perfekte Paarkonstellation.

Und da sie nicht wissen, dass die Zauberblume eines janusköpfigen Kobolds ihnen den Blick vernebelt hat (schön als doppelter Puck: Jennifer Fey und Anna Sittler), gehen sie mächtig aufeinander los. Stehen an der Rampe und zicken sich an, brüllen, beißen, keifen, lassen die Sau raus. Bevor sie am Ende vor den Altar treten, leisten diese HeiratskandidatInnen Beziehungsarbeit auf die harte Tour.

Immer wieder wird Shakespeares „Midsummer Night‘s Dream“ als harmoniesüchtige Fabel inszeniert, deren poetisch verwischte Konflikte nur blass aus dem dunklen Märchenwald hervorscheinen. Wer zeigen will, wie eng Liebe mit leidenschaftlicher Power, mit Wut und oft auch Gewalt verwandt ist, muss andere Dramaturgien testen. Meinhard Zanger landet in der Welt der neuen Fernsehformate – sehr deutlich und meist nachvollziehbar sind die Anklänge an Rapper-Videos und Krawall-TV. Und nicht ungefährlich: Viele Szenen wirken laut, grell und nah an der Klamotte (immer wieder ein Lachschlager: Dialekte).

Angemessen modern dagegen Zangers Textfassung, wunderschön der Bühnenfüllende Seerosenteich von Petra Buchholz. Am Ende sind alle Akteure pitschnass und fürs Publikum ist‘s a Gaudi. Holger Möhlmann

„Sommer.Nacht.Traum“: Theater der Keller, Kleingedankstr. 6, Köln Tel. 0221/31 80 59 nächste Vorstellungen: heute, 14., 16.-18. November, jeweils 20 Uhr