■ Fluggesellschaften wollen Rushdie nicht mitfliegen lassen: Liebe Lufthansa, du stinkst
„Dear British Airways, you stink“, schrieb der britische Lyriker James Fenton, als herauskam, daß sich die Airline weigerte, Rushdie zu befördern. Tja, liebe Lufthansa, du auch: nach Sesselfurzen in schlechtgelüfteten Amtsstuben, nach deutschem Biedersinn, der sich keiner Schuld bewußt ist, weil er ja nach Vorschrift handelt, nach Wir-tun-ja nur-unsere-Pflicht und billigem iranischen Kerosin. Die Lufthansa benimmt sich wie ein Busfahrer, der exakt nach Plan abfährt, obwohl er noch ein altes Mütterchen heranrennen sieht. Gehört sich das für eine frisch privatisierte Airline?
Fluggesellschaften haben die Vorschrift, Risiken „nicht wissend an Bord zu nehmen“. Unwissend dürfen sie also. Denn es geht bei dieser Vorschrift weniger um den Schutz der Passagiere als darum, hinterher nicht belangt werden zu können.
Nun weiß man, daß Rushdie unter einem gewissen Risiko lebt, das allerdings durch eine perfekte Maschinerie, den britischen Geheimdienst, „minimal und beherrschbar“ gehalten wird. Das Risiko für die Lufthansa wäre ungefähr so groß gewesen wie die Chance, den Jackpot zu gewinnen. Denn niemand hätte je erfahren, weder vorher noch nachher, daß Rushdie mit der Lufthansa geflogen ist! Genau darum hält der britische Geheimdienst Rushdies Reisen ja für unbedenklich.
Und weder die tägliche Linie nach Teheran noch die Möglichkeit, billiges Benzin zu tanken, wären gefährdet gewesen. Daß die Lufthansa in wirtschaftlichen Kategorien denkt, ist ja verständlich. Aber einen Rest an Weltbürgerlichkeit wird man von einer international operierenden Airline wohl auch erwarten dürfen. Und jetzt noch ein Spartip: Liebe Lufthansa, hör auf mit deinem bißchen Kultursponsoring. Damit parfümierst du dich auch nicht mehr. Thierry Chervel
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