Libanesische Kurden: Serag soll bleiben
■ SPD-Politiker wollen Abschiebung verhindern, Böse bleibt hart
Der SPD-Fraktionschef in der Bremer Bürgerschaft, Jens Böhrnsen, hat sich erneut gegen die Abschiebung von libanesischen Kurden in die Türkei ausgesprochen. Konkret geht es um den 19-jährigen Gymnasiasten Serag El-Zein aus der Neustadt, der zusammen mit seinen Eltern und sechs Geschwistern morgen abgeschoben werden soll (die taz berichtete).
Für ein humanitäres Bleiberecht der Familie El-Zein setzen sich auch Serags Mitschüler und Lehrer am Schulzentrum Neustadt ein. Auch Sozialsenatorin Hilde Adolf und Schulsenator Willi Lemke (beide SPD) baten Innensenator Kuno Böse (CDU) am Rande der Senatssitzung am Dienstag, mit einer Einzelfallregelung den weiteren Aufenthalt der Familie in Bremen zu ermöglichen.
Böse lehnte ab, obwohl er selbst persönlich ein humanitäres Bleiberecht befürworten würde. Der Innensenator vertritt die Auffassung, dass eine weitere Aufenthaltsgestattung durch geltendes Bundesrecht ausgeschlossen sei. Aus humanitären Gründen könnte ein Bleiberecht lediglich Personen gewährt werden, die legal eingereist sind. Die El-Zeins allerdings waren 1988 mit türkischen Pässen eingereist, die sie nach eigenen Angaben in der Türkei gekauft hatten. Der andere Weg zu einem Bleiberecht würde nur über eine Einigung der Länder führen, auf die Abschiebung ganzer Gruppen zu verzichten. Darum aber habe Böse sich erfolglos bemüht.
SPD-Fraktionschef Böhrnsen reichte das nicht. Er bat Böse nun in einem Brief, die Haltung Niedersachsens „mit dem Ziel einer Übertragung auf Bremen auszuwerten.“ Das Nachbarland sehe einen Entscheidungsspielraum für Härtefälle. Wenn Serag El-Zein denoch abgeschoben werde, erscheine das „wenig nachvollziehbar“ und „in der Öffentlichkeit kaum vermittelbar“.
Die betroffene Familie muss-te gestern in Begleitung von Beamten der Bremer Ausländerbehörde beim türkischen Generalkonsulat in Hannover vorsprechen, damit dort Reisepapiere für die morgige Abschiebung ausgestellt würden. Dort wurden ihnen die Einreisepapiere von 1988 vorgelegt. „Ich sollte dann sagen, auf welchem Foto ich bin“, berichtet Serag El-Zein, „aber das wusste ich nicht. Damals war ich noch zu klein.“ Seine Eltern konnten mit den Konsularbeamten nicht kommunizieren: Sie wurden auf türkisch befragt, das sie nicht verstehen. Ein Arabisch-Dolmetscher wurde ihnen verweigert. Ob die Familie nun türkische Reisepapiere erhält oder nicht, blieb gestern unklar. Wenn nicht, wäre der Abschiebetermin zunächst geplatzt. Der Fall El-Zein gilt als Präzedenzfall für eine Gruppe libanesischer Kurden, denen die Bremer Innenbehörde wegen der Verwendung zweier Identitäten „Asylbetrug“ vorwirft.
jank
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