Libanesische Familienclans: Mord mit Ankündigung
Dass er sich massiv bedroht fühlte, hat ein 43-Jähriger der taz vor Wochen geschildert. Auch die Polizei wusste es. Am Freitag wurde er erschossen
Der am Freitag in Schwanewede erschossene Hussein E.Z. hatte vor wenigen Wochen der taz seine Sorge geschildert, Opfer eines Racheaktes zu werden. Dies ist nach Ansicht der Polizei offenbar eingetreten, auch seine ehemaligen Verteidiger befürchten ein solches Tatmotiv.
Der 43-Jährige war im Oktober 2007 wegen eines tödlichen Angriffs auf einen 18-jährigen Angehörigen des polizeibekannten Miri-Clans im Borneck-Lokal gemeinsam mit einem Bruder und einem Cousin zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt worden, die er teilweise als Freigänger verbüßte. Keiner der drei hatte nach Ansicht des Gerichts allerdings selbst jemanden verletzt, geschweige denn getötet. Hussein E.Z. war verurteilt worden, weil er in Kauf genommen haben soll, dass es zu einer Schlägerei und zum Einsatz von Messern kommen könnte.
Da die mutmaßlichen Täter in den Libanon geflohen sind, rächten sich die Angehörigen jetzt offenbar an Hussein E.Z. Dieser betrieb mit seiner Lebensgefährtin, die am Freitag schwer verletzt wurde, einen Blumenhandel in Schwanewede. Aus Sicherheitsgründen war er im Januar 2009 in die Justizvollzugsanstalt Bremerhaven verlegt worden, in der er sich nachts einzufinden hatte. Seine Verteidiger bestätigten seine der taz gegenüber getroffene Aussage, dass er während des Prozesses und in der JVA Bremen massiv bedroht worden ist.
Die Verbindlichkeit von Strafurteilen werde nun offenbar "auch in Bremen von Tätern in Zweifel gezogen und das Recht in die eigenen Hände genommen", so der Anwalt Horst Wesemann gestern. "Wenn ein Strafverfahren nicht zur Befriedung der Lage beigetragen hat, dann müssen sich alle Verfahrensbeteiligten fragen lassen, ob hier etwas versäumt wurde."
Der Justizsenator sagte gestern, E.Z. habe sich "nicht als gefährdet angesehen".
eib
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