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Leuna-Arbeiter fürchten die Zukunft

■ 5.000 demonstrierten für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze/ Rappe: Weitere Leuna-Bereiche werden verkauft

Halle (dpa) — Tausende ostdeutsche Chemiearbeiter fürchten um ihre Arbeitsplätze. Nach dem Verkauf der Leuna-Raffinerie forderten rund 5.000 Chemiearbeiter aus Leuna und Buna sowie Betriebsräte und Vertrauensleute auf einer Gewerkschaftskundgebung am Samstag in Halle gerechte Bezahlung und sichere Beschäftigung. Die Rede des Vorsitzenden der Industriegewerkschaft Chemie, Papier, Keramik, Hermann Rappe, wurde mehrfach von aufgebrachten Kundgebungsteilnehmern unterbrochen. Rappe, der auch dem Verwaltungsrat der Treuhand angehört, kündigte an, daß auch die anderen Chemiebereiche verkauft werden sollen.

Da die IG Chemie nur mit 1.500 Teilnehmern gerechnet hatte, mußte die Veranstaltung vor das Gebäude auf den Marx-Engels-Platz verlegt werden. Der am Donnerstag von der Treuhand bekanntgegebene Verkauf der Raffinerie ohne die chemischen Bereiche hatte für erhebliche Unruhe unter der Leuna-Belegschaft gesorgt. Auf der Kundgebung waren Transparente mit Aufschrift zu sehen: „Das Filetstück habt ihr, nun nehmt auch die Knochen“ und „Treuhand in die Produktion“.

Nach Ansicht Rappes ist der Verkauf der Leuna-Raffinerie zusammen mit der Raffinerie in Zeitz und der Tankstellenkette Minol an ein Firmenkonsortium unter Führung des französischen Mineralölkonzerns Elf „der Schlüssel für die Chemie“. Rappe unterstrich, daß nur eine gesicherte und leistungsfähige Versorgung mit Rohstoffen an den betreffenden Standorten Investoren für die Kernbereiche der chemischen Produktion herbeilocken könne. Laut Rappe führt die Treuhand für die Leuna-Chemie bereits Verhandlungen mit dem österreichischen Unternehmen ÖMV, dem italienischen Konzern ENI und weiteren Unternehmen. Ergebnisse sollen bis März vorliegen. Es gebe auch aussichtsreiche Verhandlungen über Buna.

Die Leuna-Werke AG war in der DDR als Kombinat mit rund 27.000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber in den Bezirken Halle und Magdeburg, jetzt Sachsen-Anhalt. Zu Beginn dieses Jahres waren dort noch rund 14.000 Arbeitnehmer in den Chemieunternehmen beschäftigt.

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