: Letzter Dienst von Albrecht für Kohl
Der Noch-Ministerpräsident Niedersachsens soll für den Kanzler den Staatsvertrag mit der DDR im Bundesrat unterstützen / FDP bleibt bei ihrer Ablehnung einer Koalition mit der SPD ■ Aus Hannover Jürgen Voges
Der bei der Niedersachsen-Wahl unterlegene Ministerpräsident Ernst Albrecht soll Bundeskanzler Kohl einen letzten, undemokratischen Dienst erweisen. Als Ministerpräsident ohne Mehrheit im Landtag soll er am 22. Juni die Zustimmung des Bundesrates zum Staatsvertrag mit der DDR sichern, obwohl die Legislaturperiode des alten niedersächsischen Landtages bereits am 20. Juni ausläuft.
Der Vorsitzende der niedersächsischen CDU-Landtagsfraktion, Jürgen Gansäuer, kündigte gestern an, daß seine Fraktion eine konstituierende Sitzung des neuen niedersächsischen Landtages schon am 21.Juni verhindern werde und eine Wahl von Gerhard Schröder zum Ministerpräsidenten vor der Bundesratssitzung nicht ermöglichen wolle. Der Ältestenrat des niedersächsischen Landtages habe schon vor einiger Zeit die konstituierende Sitzung auf den 26. Juni angesetzt, sagte Gansäuer, einem anderen Termin würde seine Fraktion nicht zustimmen.
Noch-Ministerpräsident Ernst Albrecht selbst soll zunächst gegenüber Bundeskanzler Helmut Kohl erklärt haben, über den 20. Juni hinaus könne er die Mehrheit der Union im Bundesrat nicht sichern, soll sich dann aber dem Willen des Kanzlers gebeugt haben. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Jürgen Gansäuer empfahl gestern Ministerpräsident Ernst Albrecht, bei der Abstimmung am 22. im Bundesrat nicht irgendwelchen Mehrheiten im neuen Landtag, sondern angesichts der Bedeutung der Entscheidung über den Staatsvertrag „nur seinem Gewissen“ zu folgen. In seinem Amt als Vorsitzender war Gansäuer zuvor von der neuen CDU-Landtagsfraktion einstimmig bestätigt worden.
Die FDP-Fraktion im Landtag hat gestern ebenfalls ihren Fraktionsvorsitzenden Martin Hildebrand bestätigt. Der FDP -Spitzenkandidat Walter Hirche lehnte es ab, für dieses Amt zu kandidieren. Für Koalitionsgespräche mit der SPD sehen die Freidemokraten weiterhin „keinen Handlungsbedarf“.
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