■ Letzte Mahnung an: Bahlsen: Schmeckt uns Bahlsen?
Im Gezerre um die Entschädigung von Zwangsarbeitern fürchtet die deutsche Industrie um ihren Ruf. Unbegründet ist die Sorge aber auch im Inland nicht. Nehmen wir zum Beispiel Kekse von Bahlsen.
Nach der Besetzung der Ukraine hatte die Wehrmacht den Lebensmittelhersteller aus Hannover als Verwalter der Keksfabrik „Karl Marx“ in Kiew eingesetzt. An Stelle von Keksen produzierte der Betrieb fortan Nahrungsmittel für die Armee. Für das Stammhaus in Hannover hat Bahlsen zwischen 1942 und 1945 rund 300 ukrainische Arbeiterinnen „rekrutiert“: Die Frauen wurden auf dem Werksgelände in Kiew abgefangen und in Güterwaggons verschleppt. „Wer mitkam, bestimmte die Firma Bahlsen“, sagt der Frankfurter Anwalt Peter-Jochen Kruse, der 61 ehemalige Zwangsarbeiterinnen vor dem Arbeitsgericht Hannover vertritt. Die Forderung der Klägerinnen: 38.000 bis 45.000 Mark pro Person. Bahlsen weigert sich nun, die begonnenen Gespräche fortzusetzen: „Wir nehmen das Thema sehr ernst, sind aber nicht zu einer Entschädigung im Sinne begangenen Unrechts bereit“, sagt Firmensprecherin Clarissa Wischermann. Die alten Gehaltslisten belegten eindeutig, dass alle Arbeiter Geld erhalten haben. Auch für die Verschleppung der Frauen sei das Unternehmen nicht verantwortlich. Im Gegenteil: „Es gibt sogar Berichte von Zeugen, dass der Firmenchef Frauen eigenhändig vom Wagen geholt hat.“
Doch der Druck wächst auch auf Bahlsen. „Es ist kein Makel mehr, am Fonds beteiligt zu sein“, so Wischermann. Hinsichtlich der Entschädigungszahlung seien aber noch viele Fragen offen. Vor allem die eine: Wann tritt Bahlsen dem Fonds bei? Oder auch eine andere: Schmecken uns die Bahlsen-Kekse noch? Nicole Maschler
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